Rz. 86
Gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB wird der Ablauf der Verjährung insbesondere durch Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass eines Vollstreckungsurteils gehemmt. Eine negative Feststellungsklage – sowie der gegen sie gerichtete Antrag auf Klageabweisung – durch den Schuldner hemmen demgegenüber den Ablauf der Verjährung ebenso wenig wie die Verteidigung des Gläubigers hiergegen. Wird jedoch eine negative Feststellungsklage, die sich auf einen konkret umrissenen Anspruch bezieht, als unbegründet abgewiesen, wird dadurch der Anspruch des Beklagten grundsätzlich positiv festgestellt, weil insoweit der Grundsatz gilt, dass ein Urteil, das eine negative Feststellungsklage aus sachlichen Gründen abweist, grundsätzlich dieselbe Bedeutung hat wie ein Urteil, das das Gegenteil dessen, was mit der negativen Feststellungsklage begehrt wird, positiv feststellt.
Auch dann, wenn ein Anspruch (erstmals) klageerweiternd im Wege der Anschlussberufung geltend gemacht, so führt dies zur Verjährungshemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.
a) Zulässigkeit der Klage
Rz. 87
Eine eingereichte Klage muss zwar wirksam sein, namentlich den Erfordernissen des § 253 ZPO entsprechen und im Anwaltsprozess von einem zugelassenen Rechtsanwalt erhoben werden; unschädlich ist jedoch eine etwaige sonstige Unzulässigkeit der Klage. Eine wegen der Möglichkeit einer Leistungsklage an sich unzulässige Feststellungsklage unterbricht die Verjährung, wenn der Kläger vor Abweisung der Klage zur Leistungsklage übergeht. Wird eine unzulässige Klage durch Prozessurteil abgewiesen, so gilt § 204 Abs. 2 S. 1 BGB. Auch eine unschlüssige oder unsubstantiierte Klage kann den Ablauf der Verjährung hemmen.
b) Zustellung der Klage "demnächst"
Rz. 88
Zur Unterbrechung der Verjährung genügt regelmäßig die Einreichung der Klageschrift bei Gericht. Die Zustellung der Klage an den oder die Beklagten wirkt auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung zurück, wenn erstere "demnächst" erfolgt (§ 167 ZPO), das heißt in nicht allzu erheblichem zeitlichem Abstand. Geschieht dies nicht, so kommt es darauf an, wer hierfür verantwortlich zeichnet: Liegt die Verzögerung im Verantwortungsbereich Dritter, namentlich etwa des Gerichts, kann diese dem Klageeinreicher nicht zugerechnet werden und eine Rückwirkung kommt gleichwohl in Betracht. Das ist auch der Fall, sofern sich etwaige Versäumnisse des Klageeinreichers tatsächlich nicht ausgewirkt haben. Ist hingegen die Verzögerung darauf zurückzuführen, dass der Klagende nicht alles ihm Zumutbare für eine alsbaldige Zustellung getan hat, kann ihm eine Rückwirkung der Zustellung nur (noch) zu Gute kommen, wenn die Verzögerung nicht mehr als 14 Tage ab Fristablauf beträgt. Hinsichtlich der wertenden, ungeschriebenen Tatbestandsvoraussetzung einer Verantwortlichkeit des Klageeinreichenden hat sich eine umfangreiche Kasuistik entwickelt, wobei im Ausgangspunkt gilt, dass dieser die Verjährungsfrist grundsätzlich voll ausnutzen und eine Klage auch erst am letzten Fristtag einreichen darf. Sogar die Einreichung der Klageschrift bloß per Fax und sogar zeitlich getrennt in zwei Teilen – wird insoweit als unschädlich gewertet, nicht hingegen eine Einreichung beim unzuständigen Gericht, die Angabe eines falschen Namens oder Aktenzeichens. Auch die unterlassene Beifügung der erforderlichen Zahl von Abschriften schadet. Der Klageeinreicher darf andererseits grundsätzlich die Anforderung eines Gerichtskostenvorschusses abwarten, wenn er diesen danach binnen 1 Woche zahlt. Unter Umständen muss der Klageeinreicher aber von sich aus aktiv werden, wenn das Gericht längere Zeit untätig bleibt. Bei der Beurteilung der Frage, ob die dem Kläger zuzurechnende Verzögerung der Zustellung der Klageschrift noch als "geringfügig" anzusehen ist, ist im Übrigen auf die Zeitspanne abzustellen, um die sich der ohnehin erforderliche Zeitraum für die Zustellung der Klage als Folge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert hat.