Rz. 108
Die Verjährungshemmung wird dann erst durch eine abschließende Stellungnahme des Versicherers zu Grund und Umfang der Ersatzpflicht beendet, an die die Rechtsprechung strenge Anforderungen stellt. Es muss sich um eine – für den Geschädigten negative oder auch positive, in jedem Falle aber schriftliche Entscheidung in der Sache handeln, die eindeutig und endgültig ist. Eine positive Entscheidung muss erschöpfend, umfassend und endgültig sein; der Anspruchsteller muss aufgrund der Entscheidung sicher sein können, dass auch künftige Forderungen aus dem Schadensfall freiwillig bezahlt werden, sofern er die entsprechenden Schadensposten der Höhe nach ausreichend belegt. Eine mündliche Ablehnung reicht selbst dann nicht, wenn sie vom Geschädigten schriftlich bestätigt wird. Nach früherer Rechtsprechung soll auch eine die Verjährungshemmung abschließende Entscheidung des Versicherers noch nicht in (selbst mehreren) Abrechnungsschreiben liegen, in denen der Versicherer Zahlungsanforderungen des Haftpflichtgläubigers, die lediglich konkrete Leistungen auf einzelne Schadensposten betreffen, nach unten korrigiert. Ob dem – etwa mit Blick auf das Fehlen einer abschließenden Entscheidung im vorgenannten Sinne – im Einzelfall zu folgen ist, dürfte inzwischen in aller Regel dahinstehen können, weil schon nach allgemeinen Regeln dann ein weiter reichender Neubeginn der Verjährung gem. § 212 anzunehmen sein wird; und zwar nicht nur aufgrund Abschlagszahlungen, sondern wegen ausdrücklichen Anerkenntnisses. Denn entsprechend zutreffender neuerer Rechtsprechung ist schließlich eine Regulierungszusage des Haftpflichtversicherers gegenüber dem Geschädigten – sogar – dahin zu verstehen, dass der Versicherer seinem Versicherungsnehmer gegenüber deckungspflichtig ist und in dessen Namen den Haftpflichtanspruch anerkennt; liegt darin ein beide Rechtsverhältnisse umfassendes, den Versicherer wie den Versicherungsnehmer verpflichtendes deklaratorisches (kausales) Anerkenntnis gegenüber dem Geschädigten, dann erst recht ein Anerkenntnis im Sinne von § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Einer die Verjährungshemmung durch Anspruchsanmeldung beendenden Entscheidung des Versicherers in vorgenanntem Sinne gleich stehen außerdem ein endgültiger Abfindungsvergleich oder auch der Ausgleich aller geltend gemachten Ansprüche.
Rz. 109
Die Beendigung der Verjährungshemmung bedarf jedenfalls einer Erklärung des Versicherers, tritt also nicht etwa allein durch eine verzögerliche Behandlung von Anfragen des Versicherers durch den Geschädigten ein.
Rz. 110
Angesichts der gesetzlichen Regelung, namentlich des Erfordernisses einer eindeutigen Entscheidung des Versicherers zur Beendigung der Verjährung ist in diesem Kontext auch für die Anwendung der Regeln über das "Einschlafenlassen von Verhandlungen" (siehe oben) kein Raum. Der Versicherer wird dadurch auch nicht unbillig belastet, denn er hat es selbst in der Hand, die Verjährung durch eine formwahrende und eindeutige Erklärung wieder in Lauf zu setzen. Entsprechend ist es dem Anspruchsteller weder unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung noch im Übrigen nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf das Fehlen einer wirksamen Entscheidung nach § 115 Abs. 2 S. 3 VVG und damit auf die Fortdauer der Verjährungshemmung zu berufen. Die bloße Untätigkeit des Anspruchstellers während eines längeren Zeitraumes berechtigt allein vor allem keineswegs zu der Annahme, der schriftliche Bescheid sei überflüssig und sinnlos, mit ihm könne der Anspruchsteller billigerweise nicht mehr rechnen.
Davon abgesehen macht sich unter Umständen ein Versicherer schadensersatzpflichtig, wenn er sich auf eine Schadensmeldung irrtümlich für zuständig erklärt und seinen Irrtum später nicht aufklärt, wodurch Ansprüche gegen den tatsächlich zuständigen Versicherer verjähren.