Rz. 44
Anspruchsentstehung im vorgenannten Sinne ist anzunehmen, sobald ein Anspruch klageweise, sei es im Wege einer Leistungs-, Stufen- oder auch Feststellungsklage, geltend gemacht werden kann, was regelmäßig dessen Fälligkeit voraussetzt. Ein Schaden entsteht, wenn sich die Vermögenslage des Betroffenen im Vergleich zu seinem früheren Vermögensstand objektiv verschlechtert hat. Dafür genügt es, dass der Schaden wenigstens dem Grunde nach erwachsen ist, mag auch seine Höhe noch nicht beziffert werden können. Es muss nicht feststehen, dass die Vermögenseinbuße bestehen bleibt und damit endgültig wird, vielmehr reicht es aus, dass ein endgültiger Teilschaden entstanden ist und mit weiteren adäquat verursachten Nachteilen gerechnet werden muss. Eine bloße Vermögensgefährdung reicht für die Annahme eines Schadens dagegen nicht aus; ein Schaden ist daher noch nicht eingetreten, solange nur das Risiko eines Vermögensnachteils besteht, bei der gebotenen wertenden Betrachtung allenfalls eine Vermögensgefährdung vorliegt, es also noch nicht klar ist, ob es wirklich zum Schaden kommt.
Rz. 45
Gerade bei den im Unfallhaftpflichtrecht interessierenden Schadensersatzansprüchen ist im Übrigen zu beachten, dass diese – bei einem einzigen schadensstiftenden Ereignis – grundsätzlich einheitlich entstehen, das heißt auch erst in Zukunft fällig werdende Beträge, sobald ein erster Teilbetrag durch Leistungsklage geltend gemacht werden kann (Grundsatz der Schadenseinheit). Dies soll allerdings nicht für unvorhersehbare Schäden gelten. Richtigerweise handelt es sich dabei jedoch nicht um eine Frage der Entstehung des Anspruchs, sondern allein um eine solche hinreichende Kenntnis hiervon.
Rz. 46
Der Grundsatz der Schadenseinheit gilt jedoch nicht für den – im Rahmen des Unfallhaftpflichtrechts eher seltenen – Fall mehrerer schadensstiftender Handlungen. Selbst wenn diese gleichartig sind und auf einem einheitlichen Vorsatz des Schädigers beruhen, sind sie nicht unter dem Gesichtspunkt eines zusammenhängenden Gesamtverhaltens als Einheit zu betrachten. Vielmehr stellt jede Handlung, die eigene Schadenfolgen zeitigt und dadurch zu dem Gesamtschaden beiträgt, verjährungsrechtlich eine neue selbstständige Schädigung dar und erzeugt daher einen neuen Ersatzanspruch mit eigenem Lauf der Verjährungsfrist.
Entsprechendes gilt bei verschiedenen Schadenseintritten aufgrund dauernder Handlung bzw. Unterlassung, sodass beispielsweise die Verjährung für alle Schadensfälle gesondert beginnt, die durch eine (andauernde) Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht eintreten. Der im Strafrecht entwickelte Begriff der fortgesetzten Handlung ist auf das Zivilrecht nicht übertragbar.
Rz. 47
Auch für Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen gilt nunmehr – entgegen § 197 BGB a.F. – die regelmäßige Verjährungsfrist; und zwar gem. § 197 Abs. 2 BGB n.F. sogar dann, wenn sie rechtskräftig festgestellt bzw. in vollstreckbaren Urkunden verbrieft sind. Solche Ansprüche entstehen für jede (Teil-)Leistung gesondert, sobald sie jeweils verlangt werden können. Rezept- und Fahrtkosten als Behandlungskosten nach einem Verkehrsunfall unterfallen aber nicht dem Anwendungsbereich des § 197 Abs. 2 BGB.
Rz. 48
Ausgleichsansprüche nach § 426 BGB – egal ob auf Befreiung, Mitwirkung oder Zahlung gerichtet – verjähren einheitlich; und zwar bereits mit der Entstehung der Gesamtschuld, nicht erst mit der Inanspruchnahme eines Gesamtschuldners durch den Gläubiger.