Rz. 21

Bei dem Verfahren sind die üblichen Gerätetoleranzen, nicht jedoch die sich aus einer Abstandsveränderung ergebenden Differenzen berücksichtigt. Das kann dann relevant werden, wenn anderenfalls das Unterschreiten des Abstands über eine Mindeststrecke nicht nachgewiesen werden kann (siehe oben Rdn 5).

 

Rz. 22

Zwar werden bereits die vor der eigentlichen Messstrecke liegenden 300 m auf Video festgehalten, eine genaue - und nicht angreifbare - Messung wird aber nur auf den letzten 50 m durchgeführt. Betroffene werden deshalb häufig einwenden, sie hätten vor der Messstrecke einen größeren Abstand eingehalten, er habe sich auf den letzten 50 m zu ihrem Nachteil verändert.

 

Rz. 23

Augenfachärzte und technische Sachverständige bestätigen indessen, dass aus einer Entfernung von mehr als 100 m Änderungen des Abstandes um bis zu 25 % weder in Natur noch anhand der Videoaufnahmen zu erkennen sind. Deshalb kann ein solcher Einwand ohne Durchführung einer Doppelmessung nicht ausgeschlossen werden. Solche Doppelmessungen sind inzwischen allerdings Standard. Aber auch mit einer 2. Messung können Entfernungsdifferenzen von bis zu 2 m nicht ausgeschlossen werden (OLG Stuttgart DAR 2007, 657).

Im Grenzbereich kann das zur nächstniedrigeren Sanktionsstufe oder gar zum Wegfall des Fahrverbotes führen.[2]

Das OLG Dresden (DAR 2005, 637) ist dagegen der Auffassung, dass jedenfalls bei Verwendung des VKS-Systems ein genereller Abzug nicht geboten sei.

 

Rz. 24

 

Achtung: Lkw-Abstand

Die zuvor genannten Grundsätze gelten jedoch nicht für den von Lkws einzuhaltenden Abstand von 50 m (§ 4 Abs. 3 StVO). Dort ist nämlich der jederzeit einzuhaltende Mindestabstand gesetzlich festgeschrieben, so dass jede, auch noch so kurzfristige Unterschreitung des gesetzlich festgelegten Mindestabstandes bußgeldbewehrt ist (OLG Zweibrücken, NZV 1997, 283). Die Bestimmung stellt eben gerade nicht auf eine Gefährdung ab (AG Lüdinghausen DAR 2002, 368).

 

Rz. 25

 

Tipp: Anspruch auf Übersendung des Videobandes

Der Verteidiger hat (gegen Übersendung einer Leerkassette bzw. einer CD einen Anspruch auf Überspielung des Beweismittels (OLG Saarbrücken StV 2019, 179; OLG Zweibrücken StV 2019, 437), nicht aber auf Übersendung des Originalbandes. Wird das Originalband, wie dies z.B. in Bayern üblich ist, nicht bei der Bußgeldbehörde aufbewahrt, kann der Betroffene mit seinem Antrag an die aufbewahrende Dienststelle verwiesen werden (AG Straubing zfs 2006, 637).

Kommt die Behörde dem Antrag des Verteidigers nicht nach, kann das rechtliche Gehör verletzt sein (AG Ludwigslust DAR 2004, 44).

[2] Zur Problematik siehe AG Homburg zfs 1997, 393 und Priester u.a., MittBl 2003, 3 ff.

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