Rz. 51
Nach § 671 Abs. 1 BGB kann der Auftrag von dem Auftraggeber jederzeit widerrufen, von dem Beauftragten jederzeit gekündigt werden. Der Beauftragte (hier Bevollmächtigte) darf nur in der Art kündigen, dass der Auftraggeber (hier Vollmachtgeber) für die Besorgung des Geschäfts anderweit Fürsorge treffen kann, es sei denn, dass ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt, § 671 Abs. 2 S. BGB. Kündigt er ohne solchen Grund zur Unzeit, so hat er dem Auftraggeber den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen, § 671 Abs. 2 S. 2 BGB.
Rz. 52
Die unzeitige Kündigung ist zulässig, kann aber Sanktionen gegen den Beauftragten nach sich ziehen. Die Kündigung erfolgt zur Unzeit, wenn es dem Auftraggeber deswegen unmöglich ist, das Geschäft anderweit zu besorgen. Dem Vollmachtgeber muss es also etwa im Hinblick auf Fristen oder Termine oder sonstige Dringlichkeit möglich sein, Ersatz für die wegfallende Verpflichtung des Beauftragten zu organisieren; insoweit kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. Hat z.B. der Bevollmächtigte eine Kreditsicherheit gestellt, muss dem Vollmachtgeber angemessene Zeit gelassen werden, um den Kredit abzulösen oder eine andere Sicherheit zu leisten. Die zur Unzeit erklärte Kündigung ist gleichwohl wirksam. Es kann jedoch eine Pflicht zum Schadensersatz nach § 671 Abs. 2 S. 2 BGB begründet werden. Allerdings ist zu beachten, dass der Beauftragte zwar grundsätzlich zur Kündigung berechtigt ist, er jedoch bei unzeitiger Kündigung regelmäßig nicht zum Ersatz des Erfüllungsinteresses, sondern des Vertrauensschadens verpflichtet sein wird.
Rz. 53
Dem Vollmachtgeber steht also gegen den Bevollmächtigten nach § 671 Abs. 2 S. 1 BGB ein Schadensersatzanspruch zu, weil der Auftrag durch den Bevollmächtigten nicht zu Ende ausgeführt wird. Streitig ist hier, ob Voraussetzung für einen solchen Schadensersatzanspruch ein Verschulden des Bevollmächtigten im Sinne des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB ist. Zu Recht verlangt die h.M. die Voraussetzung eines Verschuldens durch den Bevollmächtigten. Das bestehende Auftragsverhältnis zwischen den Parteien unterfällt als Schuldverhältnis den gesetzlichen Schadensersatzregelungen des § 280 BGB. Der Gesetzgeber hätte andernfalls ein fehlendes Verschulden normieren müssen. Ansonsten findet die Schadensersatzregelung des § 280 BGB auf die einzelnen Schuldverhältnisse des Abschnitts 8 des 2. Buches Anwendung. Eine Ausnahme ist hier nicht ersichtlich.
Rz. 54
Der Schadensersatzanspruch ist hingegen gem. § 671 Abs. 2 S. 2 BGB ausgeschlossen, wenn der Beauftragte für die Kündigung zur Unzeit einen wichtigen Grund anführen kann. Der wichtige Grund im Sinne des § 671 Abs. 2 S. 2 BGB ist mit dem wichtigen Grund aus § 671 Abs. 3 BGB nicht identisch, sondern bildet einen Unterfall in Form eines besonders wichtigen Grundes. Dabei muss der wichtige Grund nicht nur so bedeutsam sein, dass die Kündigung trotz Verzichts wegen Unzumutbarkeit wirksam wäre, sondern darüber hinaus den unzeitigen Termin der Kündigung rechtfertigen. Als Beispiele werden hier von der Literatur Krankheit des Beauftragten und eine schwerwiegende Ehrverletzung durch Auftraggeber aufgezeigt.