Dr. Dietmar Kurze, Désirée Goertz
Rz. 44
In den Bestattungsgesetzen sind Bestattungsfristen enthalten, die überwiegend nur wenige Tage lang sind. Kümmert sich nach dem Tod des Erblassers niemand um dessen Bestattung und kann von der Behörde keine bestattungspflichtige Person gefunden werden, übernimmt die öffentliche Hand die Bestattung. In der Regel wird ein bis zwei Wochen ermittelt.
1. Rechtsgrundlage
Rz. 45
Die Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung findet sich im jeweiligen (unterschiedlichen) Landesrecht. Manche Bundesländer haben eine Erstattungsnorm in ihre Bestattungsgesetze aufgenommen, andere greifen auf die Vorschriften der Kostenerstattung einer Ersatzvornahme, öffentlich-rechtliche GoA oder den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zurück.
2. Anspruchsgegner
Rz. 46
Die Kosten fordert die öffentliche Hand beim Bestattungspflichtigen zurück. Wie unter Rdn 8 ff. geschildert, ist dies nicht automatisch der Erbe oder der Totenfürsorgeberechtigte, er kann aber personenidentisch sein. Der Bestattungspflichtige wird nach den Vorgaben des öffentlichen Rechts ermittelt – zumeist enthalten die Bestattungsgesetze der Länder eine Liste der bestattungspflichtigen Personen. Gibt es mehrere – gleichrangige – Bestattungspflichtige, kann die Behörde wählen, ob sie nur gegen einzelne oder gegen alle vorgeht. Dabei hat sie ihr Ermessen pflichtgemäß auszuüben.
3. Kostenumfang
Rz. 47
Es wird viel darüber gestritten, wie viel die öffentliche Hand für eine Bestattung ausgeben darf. Entsprechend viele Entscheidungen sind vorhanden – der Berater sollte die Rechtsprechung der Obergerichte für seinen Fall prüfen. Die Religion des Erblassers und die örtlichen Bräuche können zu berücksichtigen sein. Weitgehend werden nur die Kosten für ein einfaches Begräbnis ohne Beerdigungsfeierlichkeiten übernommen. Einem Mandanten, dessen Familie sich voraussichtlich nicht kümmern wird und der Wert auf ein würdiges Begräbnis legt, sollte also zur Vorsorge geraten werden.
Rz. 48
In einigen Gerichtsentscheidungen wird thematisiert, ob die öffentliche Hand nach einer Einäscherung überhaupt unmittelbar eine Beisetzung durchführen lassen darf. Ein verbrannter Leichnam stellt keine Gefährdung für die allgemeine Gesundheit mehr dar. Fehlt es aber an einer Gefahr, hat die Beisetzung Zeit und die Behörde kann gegen den Bestattungspflichtigen im gestreckten Vollzug vorgehen. Manche Gerichte entscheiden an dieser Stelle, dass die öffentliche Hand dann die Kosten der Einäscherung verlangen kann, nicht aber die der tatsächlichen Beisetzung. Allerdings gebietet auch die Totenruhe, dass solche Auseinandersetzungen die Beisetzung nicht zu lange verzögern.
4. Zerrüttete Familienverhältnisse
Rz. 49
Gerichte (und Anwälte) sehen sich vielfach mit Fällen konfrontiert, in denen der Bestattungspflichtige nicht bereit ist, die Kosten zu tragen, da die Familienverhältnisse zerrüttet waren. Die Gerichte, die die Bestattungspflicht bejahen, suchen häufig Lösungen im Kostenbereich. Manche Gerichte lehnen eine Berücksichtigung vollständig ab, andere berücksichtigen diese bei einer Billigkeits- oder Verhältnismäßigkeitsprüfung – allerdings nur für extreme Ausnahmefälle.
5. § 74 SGB XII
Rz. 50
Im Rahmen der Diskussion um gestörte Familienverhältnisse findet sich häufig ein Verweis auf Ansprüche nach § 74 SGB XII: "Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen." Aber auch sonst kommt ein Anspruch nach § 74 SGB XII in Betracht, wenn eine Person z.B. bestattungspflichtig ist, die Kosten aber nicht tragen kann. Anspruchsinhaber ist nach der überwiegenden und hier vertretenen Auffassung nicht nur der Bestattungspflichtige, sondern jeder, den eine rechtliche Verpflichtung trifft...