Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestattungskosten. Umfang der Ermittlungspflicht bei Notbestattung
Leitsatz (amtlich)
1. Die behördliche Veranlassung einer Bestattung anstelle und auf Kosten des Bestattungspflichtigen setzt im Regelfall voraus, dass die Behörde zuvor alle ihr zu Gebote stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um etwaige nahe Angehörige des Toten ausfindig zu machen und zu klären, ob der Bestattungspflichtige für die Bestattung sorgen wird. Der Umfang der insoweit gemäß § 24 SVwVfG von Amts wegen gebotenen Ermittlungen richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Nur bei einer besonderen Fallgestaltung (hier bejaht) wird die Behörde die Bestattung veranlassen können, ohne zuvor mit den ihm namentlich bekannten Angehörigen des Verstorbenen persönlichen Kontakt aufgenommen zu haben.
2. Sind die vor behördlicher Veranlassung einer Bestattung durchgeführten Ermittlungen dazu, ob der Bestattungspflichtige bereit gewesen ist, für die Bestattung Sorge zu tragen, unzureichend, so ist die Maßnahme gegenüber dem Bestattungspflichtigen rechtswidrig, wenn aus dessen Verhalten bzw. Äußerungen bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung über seine Heranziehung zur Erstattung der Bestattungskosten (Widerspruchsbescheid) erkennbar wird, dass er von den Gestaltungsmöglichkeiten des mit der Bestattungspflicht korrespondierenden Rechts auf Totenfürsorge Gebrauch machen wollte und hieran durch das behördliche Eingreifen gehindert war.
3. Zur Beurteilung der Frage, ob der Verstorbene in einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BestattG SL in der bis zum 31.7.2009 geltenden Gesetzesfassung gelebt hat, ist auf die in der Rechtsprechung zu § 122 Bundessozialhilfegesetz zum Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft entwickelten Kriterien zurückzugreifen.
Normenkette
BSHG § 122; SGB II § 7 Abs. 3 Nr. 3; SGB II Abs. 3a; SVwVfG §§ 24, 45 Abs. 1 Nr. 3; SPolG § 8 Abs. 1, §§ 44, 46, 76 Abs. 3, § 81 Abs. 1, § 90; BestattG SL § 26 Abs. 1 S. 1 Nrn. 3-4, Abs. 2, § 27 Abs. 1, § 28 Abs. 2-3, § 32 Abs. 1; SGebG § 1 Abs. 1 S. 1 Buchst. a, § 5 Abs. 1, §§ 7, 10
Tenor
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 26. März 2009 – 11 K 592/08 – wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zur Zahlung der Kosten für die vom Beklagten veranlasste Bestattung ihres Vaters.
Sie ist das älteste Kind des am 5.6.2007 in A…-Stadt verstorbenen Hans C…. Die Ehe ihres Vaters, aus der auch zwei Söhne hervorgegangen sind, wurde im Jahre 1986 rechtskräftig geschieden.
Am 13.6.2007 teilte das in A…-Stadt ansässige Bestattungsunternehmen H… dem Beklagten unter Angabe von Namen und Adressen der Kinder des Verstorbenen mit, dass zwar einer der Söhne des Verstorbenen, Herr C…, einen Bestattungsauftrag erteilt habe, dieser jedoch nicht ausgeführt werde, weil Zweifel an dessen Zahlungsfähigkeit bestünden. Noch am selben Tag beauftragte der Beklagte das Bestattungsunternehmen mit der Feuerbestattung des Verstorbenen, welcher am 14.6.2007 eingeäschert und am 19.6.2007 in einem Urnenreihengrab beigesetzt wurde. Für die Einäscherung stellte die Firma B…, A…-Stadt 295 EUR in Rechnung. Für die Bestattung einschließlich Benutzung der Trauerhalle und deren Ausschmückung sowie den Erwerb der Grabstelle setzte die Stadt A…-Stadt Gebühren in Höhe von insgesamt 739 EUR fest. Das Bestattungsunternehmen berechnete für seine Dienste einen Pauschalpreis von 714 EUR.
Nach Anhörung der Klägerin forderte der Beklagte diese – ebenso wie ihre beiden Brüder – mit Bescheid vom 15.10.2007 unter Hinweis auf deren Bestattungspflicht nach § 26 des Saarländischen Bestattungsgesetzes (im Weiteren: BestattG) auf, die “für die im Wege der Ersatzvornahme (§§ 44 und 46 SPolG) … veranlasste Bestattung” ihres Vaters angefallenen Kosten in Höhe von insgesamt 1.748 EUR zu erstatten. Dabei wies er – wie schon in der Anhörung der Klägerin – darauf hin, dass nach § 32 Abs. 1 BestattG Leichen spätestens sieben Tage nach dem Eintritt des Todes zu bestatten seien und vorliegend, nach seiner Unterrichtung am 13.6.2007 darüber, dass sich niemand um die Beerdigung kümmere, im Hinblick auf die Bestattungsfrist eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit (§ 8 Abs. 1 SPolG) vorgelegen habe. Aus diesem Grunde sei der Auftrag zur Bestattung noch am selben Tage erteilt worden. Für sein Tätigwerden setzte der Beklagte gemäß § 1 Ziffer 4 der Polizeikostenverordnung eine Verwaltungsgebühr von 100 EUR fest.
Am 7.11.2007 erhob die Klägerin Widerspruch. Zur Begründung machte sie geltend, die Bestattung ihres Vaters im Wege einer polizeirechtlichen Ersatzvornahme sei nicht erforderlich gewesen, denn dafür sei nur Raum, wenn die Bestattungspflichtigen ihrer Pflicht nicht nachkämen. Ihr Bruder C… habe jedoch dem Bestattungsunternehmen H… einen Bes...