Rz. 70
Die Vollmacht bedarf nach § 167 Abs. 2 BGB materiell-rechtlich nicht der Form des Vertretergeschäfts, soweit das Gesetz nicht ausnahmsweise etwas Abweichendes vorschreibt. Für die Gründung einer GmbH verlangt das Gesetz in § 2 Abs. 2 GmbHG eine notariell beglaubigte Vollmacht. Spätere Änderungen des Gesellschaftsvertrages können dagegen auch durch formfrei bevollmächtigte Vertreter vorgenommen werden.
Rz. 71
Wird der Vollmachtgeber bereits durch die Erteilung einer Vollmacht zum Erwerb oder zur Veräußerung eines Grundstücks rechtlich oder tatsächlich in gleicher Weise gebunden wie durch den späteren Abschluss des formbedürftigen Vertretergeschäfts, bedarf auch die Vollmachtserteilung der Form des § 311b Abs. 1 BGB, um die Belehrungs-, Beweis- und Warnfunktion der notariellen Beurkundung zu wahren. Eine vorverlagerte rechtliche Bindung ergibt sich insb. aus einer unwiderruflichen Vollmacht zum Erwerb oder zur Übertragung von Grundstückseigentum. Die Vollmacht zur Veräußerung von GmbH-Anteilen ist hingegen formfrei, selbst wenn sie unwiderruflich erteilt wird oder den Veräußerer wirtschaftlich ebenso wie eine Veräußerungsverpflichtung bindet. Die Grundsätze zur Vollmacht bei § 311b Abs. 1 BGB sind wegen des abweichenden Gesetzeszwecks nicht übertragbar, da der Zweck des Formzwangs nach § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG nicht auf die Warnung der Beteiligten gerichtet ist. Diese Formvorschrift soll vielmehr einen leichten und spekulativen Handel mit Geschäftsanteilen erschweren und daneben den Beweis über die Veräußerung erleichtern. In der Praxis finden sich gleichwohl häufig beglaubigte Vollmachten, da auf diesem Wege (mit einer ergänzenden Vertretungsbescheinigung nach § 12 Satz 2 BeurkG i.V.m. § 21 BNotO) der Nachweis ordnungsgemäßer Bevollmächtigung einfach erbracht werden kann. Dies gilt insb. bei Auslandsbeurkundungen.
Hinweis
Nach dem Beurkundungsrecht des Kantons Basel-Stadt (Schweiz) hat sich der Notar Gewissheit darüber zu verschaffen, dass vor ihm auftretende Vertreter ordnungsgemäß bevollmächtigt sind (vgl. § 30 Abs. 1 Satz 1 des Notariatsgesetzes des Kantons Basel-Stadt). Bei Auslandsbeurkundungen in Basel werden deshalb aus beurkundungsrechtlichen Gründen regelmäßig notariell beglaubigte Vollmachten verlangt, die materiell-rechtlich zur Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts (auch nach schweizerischem Recht) nicht erforderlich sind. Aber auch bei inländischen Beurkundungen wird häufig eine Unterschriftsbeglaubigung verlangt, um bei späteren Veräußerungen oder Börsentransaktionen im Rahmen der dann stattfindenden Due Diligence die Authentizität der Unterschriften unterstellen zu können.
Rz. 72
Umstritten ist, ob Vollmachten, die zum Verzicht auf umwandlungsrechtliche Prüfungen und Prüfungsberichte berechtigen, wie die Verzichtserklärungen selbst der notariellen Beurkundung nach § 8 Abs. 3 UmwG bedürfen. Wegen der grundsätzlichen Formfreiheit der Bevollmächtigung nach § 167 Abs. 2 BGB sprechen gute Gründe dafür, hier von einem Formerfordernis abzusehen. Mangels einschlägiger Rspr. ist aber hier bislang die Praxis der Registergerichte nicht vorhersehbar, sodass sich im Zweifel zumindest eine (nicht kostenintensive) Beglaubigung der Vollmachten empfiehlt.
Rz. 73
Registervollmachten, die zu Anmeldungen bei den Handelsregistern berechtigen, bedürfen ebenfalls notarieller Beglaubigung. Dabei ist zu beachten, dass bestimmte Erklärungen nicht in Vollmacht abgegeben werden können (z.B. die Versicherung der Mitglieder des Vorstands einer AG oder der Geschäftsführer einer GmbH über die erfolgte Einzahlung des Kapitals bei Kapitalerhöhungen, vgl. §§ 188 Abs. 2 i.V.m. §§ 36, 36a AktG, § 57 Abs. 2 GmbHG).
Rz. 74
Abweichend von § 167 Abs. 2 BGB kommt eine mündliche Bevollmächtigung nicht in Betracht, wenn das Gesetz Schrift- oder Textform anordnet, wie z.B. für die Bevollmächtigung zur Ausübung des Stimmrechts eines Aktionärs oder GmbH-Gesellschafters (§ 134 Abs. 3 Satz 3 AktG, § 47 Abs. 3 GmbHG).