Rz. 58
Die in den Geschäftsanteilen an einer GmbH verbriefte Mitgliedschaft ist von Gesetzes wegen frei vererblich, § 15 GmbHG. Dasselbe gilt auch für die Aktien einer AG. Die Mitgliedschaft fällt mit dem Erbfall automatisch gemäß § 1922 Abs. 1 BGB dem Erben, ggf. der Erbengemeinschaft zur gesamten Hand (§§ 2032 ff. BGB bzw. § 18 GmbHG, § 69 AktG), an.
Rz. 59
Dessen ungeachtet und auch, wenn diese Rechtsfolge nicht vertraglich abdingbar ist, besteht aber die Möglichkeit, in der Satzung der jeweiligen Gesellschaft eine den individuellen Verhältnissen angepasste Regelung über die Nachfolge in Anteile eines versterbenden Gesellschafters vorzusehen. Insoweit besteht ein weiter Gestaltungsspielraum. In der Regel zeichnen sich die entsprechenden Regelungen dadurch aus, dass sie unmittelbar auf die gesellschaftsrechtliche Behandlung des vererbten Geschäftsanteils abzielen und daher auch nicht durch letztwillige Verfügung abgedungen werden können.
Rz. 60
Bei der GmbH sind insbesondere die Einziehungsklausel und die Abtretungsklausel weit verbreitet. Manche Satzungen sehen auch die Kaduzierung von Anteilen oder andere Beschränkungen der Rechte der Erben vor, wie z.B. die Vinkulierung der Geschäftsanteile. Zulässig sind auch satzungsmäßige Regelungen zur inhaltlichen Beschränkung der Mitgliedschaftsrechte des Erben (Einschränkungen hinsichtlich des Stimmrechts, der Veräußerungsbefugnis etc.). Solange hierdurch der sog. Kernbereich des Mitgliedschaftsrechts nicht ausgehöhlt wird und ihnen eine sachliche Rechtfertigung zugrunde liegt, bestehen insoweit keine rechtlichen Bedenken. Das gilt z.B. auch für die Anordnung, dass ein Erbe sein Bucheinsichtsrecht nach § 51a GmbHG nur durch einen Bevollmächtigten ausüben darf, wenn er Wettbewerber des Unternehmens der Gesellschaft ist.
Rz. 61
Wie bereits oben erwähnt, kann der Gesellschaftsvertrag auch vorsehen, dass nach dem Tod eines Gesellschafters sein – zunächst vererbter – Geschäftsanteil eingezogen werden darf.
Bei entsprechender Regelung in der GmbH-Satzung kann die Einziehung der Geschäftsanteile auch ohne Zustimmung des betroffenen Gesellschafters bzw. seiner Erben erfolgen (§ 34 Abs. 2 GmbHG). Die Durchführung der Einziehung setzt aber voraus, dass der einzuziehende Geschäftsanteil voll eingezahlt ist (Grundsatz der Erhaltung des Stammkapitals, § 34 Abs. 3 i.V.m. § 30 Abs. 1 GmbHG). Außerdem ist die Einziehung von Geschäftsanteilen ausgeschlossen, wenn bzw. soweit nicht sichergestellt ist, dass eine etwaige Abfindung an den oder die Erben aus das Stammkapital übersteigenden Mitteln der Gesellschaft geleistet werden kann. Da diese Voraussetzungen in der konkreten Situation durch die Gesellschaft geprüft werden müssen, scheidet eine "automatische" Amortisation, deren einzige Bedingung im Tod des Gesellschafters besteht, grundsätzlich aus. Entsprechende Vertragsklauseln gehen ins Leere bzw. müssen in die Eröffnung einer Einziehungsmöglichkeit umgedeutet werden.
Rz. 62
Mit Hilfe von Zwangsabtretungsklauseln können die Gesellschafter vereinbaren, dass ein vererbte bzw. vermächtnisweise erworbener Geschäftsanteil an einen anderen Gesellschafter, an einen vom Erblasser bestimmten Dritten oder an die Gesellschaft bzw. eine von der Gesellschaft zu bestimmende Person (zwangsweise) abzutreten ist. Anspruchsinhaber ist bei solchen Regelungen grundsätzlich die Gesellschaft selbst, es sei denn der Gesellschaftsvertrag regelt dies ausdrücklich anders. So kann er entweder den Mitgesellschaftern oder sogar einem aus der Klausel Begünstigten das Recht einräumen, die Abtretung zu verlangen. Dann richtet sich das Forderungsrecht des Begünstigten – soweit nicht im Vertrag etwas anderes bestimmt ist – unmittelbar gegen den Gesellschaftererben, nicht aber gegen die Gesellschaft. Außerdem kann der Gesellschaft statt eines eigenen Forderungsanspruchs auch ein Bestimmungsrecht eingeräumt werden, kraft dessen sie zwar das Recht hat, einen Abtretungsempfänger zu benennen, nicht aber unmittelbar Abtretung des Anteils an sich zu verlangen.
Rz. 63
Gleichgültig, welche der vorgenannten Varianten vereinbart ist: in jedem Fall gehört der Geschäftsanteil als solcher zunächst zum Nachlass des Erblassers. Auch im bei der Betrachtung etwaiger Pflichtteilsansprüche ist daher die gesellschaftsrechtliche Beteiligung an sich zu berücksichtigen. Vom gesetzlich normierten Regelfall abweichende Ausgestaltungen können sich aber – mitunter sogar drastisch – auf die Bewertung der Anteile auswirken.
Rz. 64
Auch bei Aktiengesellschaften kann prinzipiell die Einziehung von Aktien statutarisch geregelt werden. Es ist auch nicht ausgeschlossen, die Einziehung an die Voraussetzung zu knüpfen, dass Aktien an Erben gelangen, die nicht als Nachfolger erwünscht sind. Allerdings ist fraglich, ob bei Eintritt dieses Falles auch tatsächlich eine Einziehung erfolgen kann. Denn §§ 53a, 54, 55 AktG regeln, dass dem Aktionär grundsätzlich keine anderen Leistungen aufgebürdet werden können als seine Einlageleistu...