Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 335
Die Einleitung eines gerichtlichen Abänderungsverfahrens ohne vorherige Aufforderung des Gegners zur freiwilligen Abänderung des Titels kann außerdem für den Antragsteller negative Folgen haben
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Ablehnung der Verfahrenskostenhilfe wegen Mutwilligkeit |
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sofortiges Anerkenntnis des Verfahrensgegners mit der negativen Kostenfolge des § 243 Nr. 4 FamFG. |
Rz. 336
OLG Hamm, Beschl. v. 2.2.2011 – II-8 WF 262/10
Zitat
Denn die Antragsgegnerin hat jedenfalls im Sinne von § 93 ZPO Veranlassung zur Klage gegeben, als sie auf die außergerichtliche Aufforderung des Antragstellers auf Abänderung des titulierten Unterhalts vom 28.5.2010 eine Herabsetzung mit Schreiben vom 7.6.2010 ablehnte.
OLG Stuttgart, Beschl. v. 31.8.2011 – 17 UF 194/11
Zitat
1. Die Voraussetzungen eines sofortigen Anerkenntnisses liegen nicht vor, wenn der Gläubiger eines titulierten Unterhalts dem Antrag des Unterhaltsschuldners im Verfahrenskostenhilfeprüfverfahren auf Verfahrenskostenhilfe für einen Vollstreckungsgegenantrag zunächst entgegentrat und erst nach Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe und Zustellung der Klage ein Anerkenntnis zum Verzicht auf die Rechte aus dem Unterhaltstitel abgab.
2. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Unterhaltsschuldner vor Stellung des Verfahrenskostenhilfegesuchs den Unterhaltsgläubiger nicht aufgefordert hat, auf die Rechte aus dem titulierten Unterhaltsanspruch zu verzichten und den Titel herauszugeben, wenn gleichzeitig aufgrund des bestehenden Unterhaltstitels ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt wurde.
OLG Hamm, Beschl. v. 27.3.2012 – II-9 WF 33/12
Zitat
Mutwilligkeit bei der gerichtlichen Geltendmachung von Unterhalt
Ein gerichtlicher Zahlungsantrag auf Kindesunterhalt ist nach einer erfolglosen Titulierungsaufforderung mutwillig, wenn der Kindesunterhalt freiwillig gezahlt und dem Verpflichteten keine vollständige Auskunft erteilt bzw. geforderte Belege nicht vorgelegt wurden.
Entscheidungsinhalt
Die Verfahrenskostenhilfe wurde zutreffend versagt. Allerdings scheitert die Bewilligung nicht an den fehlenden Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung, sondern daran, dass das Vorgehen der Antragstellerin mutwillig erscheint. Das ist bei einer Leistungsklage auf den Kindesunterhalt zum Beispiel dann der Fall, wenn der Kindesunterhalt ganz oder teilweise freiwillig gezahlt wird und der Berechtigte nicht versucht, den Verpflichteten insoweit zu einer kostenfreien Titulierung in einer Jugendamtsurkunde gem. § 60 SGB VIII zu veranlassen, sondern unmittelbar den Rechtsweg vor dem Familiengericht beschreitet und damit Kosten verursacht, die bei vernünftiger Betrachtung nicht notwendig gewesen wären (vgl. OLG Hamm FamRZ 2008, 1260).
Der Antragsgegner hat den begehrten Kindesunterhalt während des gesamten Anspruchszeitraums 1 freiwillig gezahlt.
Zwar hat die Antragstellerin vorgerichtlich Auskunft über die Höhe ihrer Ausbildungsvergütung erteilt und den Antragsgegner vergeblich zur Titulierung der Unterhaltsforderung durch kostenfreie Jugendamtsurkunde aufgefordert. Jedoch hat der Antragsgegner vorgerichtlich von dem ihm gem. § 1605 Abs. 1 S. 2 BGB zustehenden Recht zur Belegvorlage Gebrauch gemacht und die Antragstellerin vergeblich zur Vorlage ihres Ausbildungsvertrages zum Nachweis der Höhe ihrer Einkünfte aufgefordert hat. Daher reicht die Aufforderung zur Errichtung einer Jugendamtsurkunde nicht aus. Denn eine Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Titulierung der Unterhaltsschuld besteht nur in Höhe des tatsächlich geschuldeten Kindesunterhalts. Zur Feststellung der Höhe des geschuldeten Unterhalts ist die zuverlässige Kenntnis von der Höhe der bedarfsdeckenden Einkünfte des unterhaltsberechtigten Verwandten erforderlich. Diesem Zweck dient die Belegpflicht in § 1605 Abs. 1 S. 2 BGB, die dann entsteht, wenn der Unterhaltsverpflichtete von seinem damit korrespondierenden Recht Gebrauch macht. Gründe für die Nichterfüllung ihrer Verpflichtung zur Vorlage des Ausbildungsvertrages sind nicht vorgetragen.
Ein Beteiligter, der die Kosten der Verfahrensführung aus eigenen Mitteln aufzubringen hätte, hätte daher seine Verpflichtung aus § 1605 Abs. 1 S. 2 BGB zur Vorlage der verlangten Einkommensbelege zeitlich vor der gerichtlichen Inanspruchnahme des Unterhaltsschuldners erfüllt, um ihn in die Lage zu versetzen, die Höhe des geschuldeten Unterhalts zuverlässig zu ermitteln und auf dieser Grundlage einen kostenfreien Titel zu errichten, ohne dass die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe erforderlich wird. Diesen Anforderungen genügt ihr Verhalten nicht, denn sie hat ihren Ausbildungsvertrag erst mit der Einreichung des Verfahrenskostenhilfegesuchs vorgelegt, mithin zu einem Zeitpunkt, in welchem Kosten für die gerichtliche Inanspruchnahme des Antragsgegners bereits entstanden waren.