Rz. 70

Die Vorschrift des § 1613 Abs. 1 BGB hat insbesondere Bedeutung für Abänderungsbegehren bei Bestehen eines gerichtlichen Titels (§ 238 FamFG; siehe Rdn 223).

 

Rz. 71

Ist Unterhalt durch ein Urteil tituliert, kann wegen der verfahrensrechtlichen Sperre des § 238 Abs. 3 ZPO Satz 1 FamFG eine Abänderung nur mit Wirkung vom Zeitpunkt der Zustellung des Abänderungsantrags an verlangt werden.

Für den Unterhaltsberechtigten macht § 238 Abs. 3 Satz 2 FamFG die rückwirkende Abänderung und damit die gerichtliche Durchsetzung eines höheren Unterhaltsanspruchs bereits ab dem Zeitpunkt möglich, zu dem die Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 BGB vorgelegen haben.

 

Rz. 72

Der Unterhaltspflichtige kann seinerseits nach § 238 Abs. 3 S. 3 FamFG die Herabsetzung des Unterhalts ab dem Ersten des auf ein entsprechendes Auskunfts- oder Verzichtsverlangen des Antragstellers folgenden Monats verlangen (siehe Rdn 20). Erforderlich ist dazu entweder ein Auskunftsverlangen mit dem Ziel der Herabsetzung des Unterhalts gegenüber dem Unterhaltsgläubiger oder die Aufforderung an den Unterhaltsgläubiger, teilweise oder vollständig auf den titulierten Unterhalt zu verzichten (sog. "negative Mahnung").[75]

Eine absolute Sperre bildet § 238 Abs. 3 S. 4, so dass für eine mehr als ein Jahr vor Rechtshängigkeit liegende Zeit keine Herabsetzung verlangt werden kann

 

Rz. 73

 

Praxistipp:

Soll über § 238 Abs. 3 S. 3 FamFG eine rückwirkende Änderung erreicht werden, muss dies im Antrag des Herabsetzungsverfahrens deutlich gemacht werden. Andernfalls wird das Gericht den Antrag so auslegen, dass Abänderung "ab Zustellung" verlangt wird.
Wird eine rückwirkende Abänderung beantragt, umfasst der Verfahrenswert auch die Differenz zwischen dem titulierten und dem beantragten Unterhalt für den zurückliegenden Zeitraum, für den eine Abänderung verlangt wird[76] (siehe Rdn 278). Um zu verhindern, dass nach einer erfolgreichen Herabsetzung des Unterhaltes zwischenzeitlich gezahlter oder vollstreckter Unterhalt trotz eines bestehenden Bereicherungsanspruches wegen Mittellosigkeit des Verfahrensgegners nicht zurückerhalten wird, ist es ratsam, einen Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung zu stellen (dazu Rdn 279).
[75] OLG Brandenburg FuR 2014,306; OLG Hamburg NJW 2013, 2240, 2043, Roßmann in Horndasch/Viefhues, FamFG; 2014, § 238 Rn 58 mit Formulierungsbeispiel, Grandke, FamFR 2013, 36; zum Verzug im Unterhaltsrecht siehe Viefhues, FuR 2012, 374; Viefhues, FuR 2016, 451, Born, FPR 2013, 513; Keuter, FamRZ 2009, 1024.

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