Rz. 19

Während sich börsennotierte Unternehmen an den Anforderungen des Kapitalmarktes orientieren, sind Familienunternehmen an die Erwartungen der Familie gekoppelt. Die Familie als Eigentümerin hat regelmäßig materielle Interessen sowie häufig Erwartungen daran, wie das Unternehmen operiert, d.h. welche Maßstäbe dort gelten (siehe Rdn 16, 54 und 54 ff.). Sind Familienmitglieder zusätzlich in der Geschäftsführung oder anderen Funktionen des Unternehmens tätig, sind neben den Interessen von Unternehmen und Familie auch persönliche Interessen zu klären.

 

Rz. 20

Eine tragfähige Nachfolgelösung zeichnet sich dadurch aus, dass sie die unterschiedlichen Interessen angemessen berücksichtigt: das Interesse des Unternehmens, das Interesse der Familie und das Interesse des Einzelnen. Inwieweit die Interessen gleichgerichtet oder im Widerstreit stehen und wie sie gewichtet werden, ist stets einzigartig. Mit einer neuen Generation treten naturgemäß neue Personen auf den Plan. Andere Interessen und andere Gewichtungen werden maßgebend. Ein Verständnis der unterschiedlichen Interessen und ein konstruktiver Umgang mit Interessenskonflikten tragen erheblich zur Stabilität von Unternehmen und Familie bei.

 

Rz. 21

Konflikte sind – auch für Unternehmerfamilien – unvermeidlicher Bestandteil der Lebenswirklichkeit. Ein Verständnis für das Charakteristische der Interessenskonflikte hilft, sie zu versachlichen. Das erleichtert der Familie, konstruktiv, d.h. gestalterisch mit ihnen umzugehen. Es hilft, Streit, Stillstand oder Desinteresse vorzubeugen.[5] Gestalten bedeutet in diesem Zusammenhang, eine gemeinsame Vorstellung von der Zukunft zu entwickeln, gemeinsam Prioritäten zu setzen, Regeln zu vereinbaren und passende Strukturen zu schaffen. Die Familienstrategie hat ebendies zum Inhalt.

[5] Fritsch/Beckervordersandfort, in: Beckervordersandfort, Gestaltungen zum Erhalt des Familienvermögens, § 1 Rn 2 ff.

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