a) Die Beteiligung am Unternehmen
Rz. 65
Ob die Familie über ein gemeinsames Fundament verfügt und ob sie sich auf eine gemeinsame Perspektive verständigen kann, ist für die Gestaltung der Unternehmensnachfolge von zentraler Bedeutung. Eine Familie, die sich in diesen Fragen wenig verständigungsbereit und wenig interessiert zeigt, signalisiert wenig Bereitschaft oder Fähigkeit zur Kooperation. Ihr fehlt es an Einheit.
Um es zuzuspitzen: Eine Zusammenarbeit von Familienmitgliedern, sei es auf der Ebene der Gesellschafterversammlung oder im Zusammenwirken von Führung und Kontrolle oder gar auf der operativen Ebene der Geschäftsführung, setzt einen Konsens über gemeinsame Grundüberzeugungen und Ziele voraus. Das schließt die Bereitschaft und Fähigkeit zur konstruktiven Konfliktlösung ein.
Rz. 66
Fehlt es daran, werden Nachfolgegestaltungen ohne Kooperationsbedarf die passende Lösung sein: Unternehmermodell oder Ausstieg. Die Entscheidung, nicht als Unternehmerfamilie zusammen investiert zu bleiben und ggf. eine Ungleichverteilung zu verfügen, kommt womöglich einem Tabubruch gleich. Im Kontext der Familienstrategie wird sie nachvollziehbar als Konfliktvermeidung im Interesse des Unternehmens und im Interesse der Familie. Das erhöht die Chance, den Familienfrieden zu wahren.
Unternehmermodelle: Eigentum und Führung in einer Hand gebündelt (vgl. Rdn 40) |
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Thronfolgelösung: ein Unternehmer als Erbe |
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Verkauf innerhalb der Familie: ein Unternehmer als Käufer |
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Realteilung: mehrere unabhängige Unternehmer als Erben |
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Ausstiegsmodelle: |
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Verkauf an Dritte |
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Stiftung |
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Rz. 67
Erweist sich die neue Generation als kooperationsbereit und -fähig, geht es um gemeinsame Fortführung des Unternehmens. Wie ist die Beteiligungsnachfolge zu gestalten? Wer wird Gesellschafter? Die Frage nach der Gleichverteilung der Anteile und der Legitimation einer Ungleichverteilung ist durch den Dialog über Fundament und Perspektive vorbereitet. Das Abwägen von Interessen ist nun auf weitere Fragen anzuwenden, z.B. auf die Angemessenheit von Ausschüttungen oder die Rolle der Abfindung beim Ausscheiden.
Fortführungsmodelle: (vgl. Rdn 39) |
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Partner |
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Eigentümerfamilie |
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Investorenfamilie |
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b) Die Führung des Unternehmens
Rz. 68
Sind das gemeinsame Fundament und die gemeinsame Perspektive stark genug, dass die Familie im Sinne von Familie und Unternehmen zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit findet, gilt es zu klären, wer künftig welche Aufgabe übernehmen soll, um die gemeinsamen Ziele zu erreichen. Es geht um die grundsätzliche Frage, wer welche Funktion ausfüllen soll, und darum, wie die Funktionen ineinandergreifen: Wie wird die Aufgabe der Gesellschafter ausgestaltet und die der Geschäftsführung? Braucht es einen Beirat? Welche Rolle soll er spielen?
Vielfach werden diese Fragen mit der Nachfolgeentscheidung gleichgesetzt. Die Versuchung ist groß, sie isoliert zu beantworten. Auf den ersten Blick handelt es sich schlicht um Personalfragen, um die Besetzung von Führungspositionen. Tatsächlich aber geht es um mehr als den Austausch des Geschäftsführers.
Rz. 69
In der Familienstrategie werden die tatsächlichen Gegebenheiten nüchtern analysiert. Wie sind die Funktionen heute ausgestaltet? Welche Qualifikationen erfordern sie? Kommt die Besetzung mit Familienmitgliedern in Frage? Oder geht es um familienfremde Mitglieder im Beirat oder gar um die Auswahl und Steuerung von Fremdmanagement? Die Familie muss klären, ob ihre Qualifikation und ihre Geschlossenheit ausreichen, um das Unternehmen zu leiten (Eigentümerfamilie), aber auch, ob der Koordinationsbedarf in einer sehr großen Unternehmerfamilie mit komplexer Vermögensstruktur eine Trennung von Eigentum und Kontrolle erfordert (z.B. Investorenfamilie, siehe Rdn 39 ff.).
Rz. 70
Die Zusammensetzung der künftigen Generation ist maßgeblich für die Ausgestaltung der Verantwortlichkeiten. Wie sieht ihre Vielfalt konkret aus? Kommen in der nächsten Generation zwei oder mehr qualifizierte Nachfolger infrage, gilt es womöglich ein Partnermodell zu gestalten. Sind die Mitglieder der nächsten Generation qualifiziert, zahlreich aber heterogen, werden vermutlich die Strukturen einer Eigentümer- oder Investorenfamilie gut passen.
Steht mit dem Generationswechsel ein Wechsel de...