A. Messprinzip/Allgemeines
Rz. 1
Rotlichtüberwachungsanlagen dokumentieren die Nichtbeachtung der roten Ampelphase an Wechsellichtzeichenanlagen (Ampeln). Sie dokumentieren auf unterschiedliche Art und Weise das Überqueren der Haltelinie durch ein Fahrzeug. Je nach technischer Bauweise erfolgt die Registrierung direkt bei Passieren der Haltelinie oder aber erst später, wenn das Fahrzeug bereits in den Kreuzungsbereich hineingefahren ist. Im letzteren Falle muss der Zeitpunkt, in dem das Fahrzeug die Haltelinie passierte, zurückgerechnet werden, da der Rotlichtverstoß begangen wird, wenn die Pkw-Front den Haltelinienbeginn passiert.
Die Dokumentation erfolgt mithilfe von Fotos, die die Verkehrssituation zusammen mit den eingeblendeten Daten (z.B. Rotzeit, Gelbzeit, Datum, Uhrzeit etc.) aufnehmen.
Die verschiedenen Anlagen zur Rotlichtüberwachung verfügen über unterschiedliche technische Möglichkeiten. Bei den älteren Anlagen muss die vorwerfbare Rotzeit noch manuell bestimmt werden, während die neueren Versionen die vorwerfbare Rotzeit automatisch berechnen. Die Liste der zugelassenen Messanlagen findet sich auf der Homepage der PTB.
Anlagen ohne automatische Rotlichtzeitberechnung werden nicht mehr neu zugelassen. Sollte sich ein Hersteller dazu entschließen, ein neues Gerät herauszubringen, muss dieses die Rotlichtzeit automatisch berechnen. Aus diesem Grund rechnen z.B. das MultaStar-C, das Gatso GTC GS 11 oder das PoliScan Speed F1 HP bzw. FM1 die vorwerfbare Rotlichtzeit direkt aus.
Rz. 2
Man kann die vorgeworfenen Rotlichtzeiten grob in vier Kategorien einteilen:
▪ |
Rotlichtzeit < 1,0 s, |
▪ |
Rotlichtzeit 1,0–1,5 s, |
▪ |
Rotlichtzeit > 1,5 s, |
▪ |
Rotlichtzeit extrem lang, bspw. 56 s. |
Bei der ersten Kategorie hat man die Ampel zwar bei Rot passiert; es droht jedoch kein Fahrverbot.
Bei der zweiten Kategorie droht auf den ersten Anschein ein Fahrverbot (Rotlichtzeit > 1,0 s). Da die auf dem ersten Foto eingeblendete Rotlichtzeit jedoch nicht die rechtlich relevante Rotlichtzeit ist, lohnt sich eine rechnerische Überprüfung, ob man nach Abzug der Zeit ab dem Überfahren des Haltebalkens bis zur Anfertigung des ersten Rotlichtfotos nicht auf eine rechtlich relevante Rotlichtzeit von unter 1,0 s kommt.
Bei der dritten Kategorie – Rotlichtzeit über 1,5 s – führt auch die Berücksichtigung der Korrekturzeit in der Regel zu keiner rechtlich relevanten Rotlichtzeit unter 1,0 s, d.h. nicht unterhalb der Fahrverbotsgrenze.
Bei der vierten Kategorie, d.h. bei auffallend langen Rotlichtzeiten (bspw. 56 s) ist es wahrscheinlich, dass eine Verwechslung eines Lichtsignals vorlag. Meist erhält zu diesem Zeitpunkt die Rechts- oder Linksabbiegerampel Grün. Der auf dem Geradeausfahrstreifen stehende Fahrzeuglenker hält dieses Signal irrtümlich für sein eigenes Ampelzeichen, fährt also geradeaus in die Kreuzung ein und löst damit die Geradeaus-Sensorik aus.
B. Allgemeine Fehlermöglichkeiten
I. Gelbphase
Rz. 3
Die vor der Rotphase liegende Gelbphase wird bei den gängigen Systemen, die noch eingesetzt werden, geräteintern überwacht und gemessen. Die Ausnahme bilden lediglich ältere Systeme wie z.B. das TraffiPhot II, das Multafot oder die Rotlicht-Überwachungsanlage von TRUVELO Deutschland; wobei diese Geräte nur noch sehr selten anzutreffen sind.
Bei diesen älteren Geräten wird deswegen eine zusätzliche Toleranz von 0,2 s gewährt.
Im innerörtlichen Bereich (zulässige Höchstgeschwindigkeit 50 km/h) muss die Gelbphase einer Verkehrsampel mindestens 3,0 s betragen.
Bei zulässigen 60 km/h sind es 4,0 s und bei 70 km/h sind dann 5,0 s Gelbphasendauer vorgeschrieben.
Unter normalen Umgebungsbedingungen sind diese Zeitspannen ausreichend, um vor der Ampel anhalten zu können. Der ungünstigste Umschaltzeitpunkt einer Lichtsignalanlage von Grün auf Gelb ist für einen Verkehrsteilnehmer dann gegeben, wenn er mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit fahrend gerade exakt die vorgeschriebene Gelbphasendauer von der Ampel entfernt ist, d.h. bei konstanter Weiterfahrt die Ampel gerade bei Gelblichtende bzw. Rotlichtbeginn erreichen würde.
II. Anhalteweg und Bremsverzögerung
Rz. 4
Bei 50 km/h (13,89 m/s) Fahrgeschwindigkeit legt ein Fahrzeug innerhalb von 1,0 s eine Fahrtstrecke von 13,89 m zurück. Schaltet die Ampel im für den Betroffenen ungünstigsten Fall, also 3,0 s vor Erreichen der Haltelinie, von Grün auf Gelb, befindet sich dieser bei Gelbbeginn noch 41,67 m vor dem Haltebalken.
Um das Fahrzeug dann aus 50 km/h innerhalb dieser Strecke von 41,70 m zum Stehen zu bringen, bedarf es unter Berücksichtigung der normalen Reaktions- und Bremsschwellzeit von 1,0 s der Einleitung einer Verzögerung mit einer Stärke von 3,5 m/s2.
Bremsverzögerungen dieser Größenordnung sind bei normalen Fahrbahnbedingungen (trocken oder nass) von einem Pkw- oder Motorradfahrer problemlos beherrschbar.
Kritisch werden solche Bremsverzögerungen für Pkw-/Motorradfahrer erst bei ungünstigen Fahrbahnbedingungen (Schnee- und Eisglätte etc.). In diesen Fällen ist ein rechtzeitig...