Dr. Katharina Hemmen, Dr. Julian Schick
Rz. 82
Ebenso wie bei den Anforderungen an das Stiftungsgeschäft ist auch bei der Vermögensübertragung zwischen der Stiftungserrichtung unter Lebenden und der Stiftungserrichtung von Todes wegen zu unterscheiden.
a) Stiftungserrichtung unter Lebenden
Rz. 83
Der Stifter hat der Stiftung im Stiftungsgeschäft ein bestimmtes Ausstattungsvermögen versprochen. Der Stifter ist daher verpflichtet, der als rechtsfähig anerkannten Stiftung das zugesicherte Vermögen zu übertragen (§ 82a S. 1 BGB; bis 30.6.2023: § 82 S. 1 BGB a.F.). Reicht zur Übertragung eines Rechts ein Abtretungsvertrag (also insbesondere bei Forderungen gegen Dritte), geht dieses mit der Anerkennung der Stiftung von Gesetzes wegen auf sie über (vgl. § 82a S. 2 BGB; ab bis 30.6.2023: § 82 S. 2 BGB a.F.). Der Stifter kann dies aber im Stiftungsgeschäft abweichend regeln, sich insbesondere die Übertragung von Forderungen selbst vorbehalten. Das ist vor allem deshalb sinnvoll, weil sich die Dauer des Anerkennungsverfahrens schlecht vorhersehen lässt und der Zeitpunkt des Forderungsübergangs damit im Vorhinein nicht bestimmt werden kann. Dies kann zu vermeidbaren Unsicherheiten führen. Hinsichtlich aller übrigen Vermögensgegenstände erwirbt die Stiftung einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Stifter. Der Stifter muss die einzelnen Vermögensgegenstände nach den allgemeinen Regeln (z.B. §§ 873 ff., 929 ff. BGB) auf die Stiftung übertragen.
Rz. 84
Kommt der Stifter seiner Verpflichtung aus dem Stiftungsgeschäft nicht nach, muss der Stiftungsvorstand die Ansprüche gegen den Stifter notfalls gerichtlich geltend machen. Tut er dies nicht, ist die Aufsichtsbehörde berechtigt (möglicherweise sogar verpflichtet), den Vorstand durch Aufsichtsmaßnahmen (Weisung, ggf. Abberufung und Bestellung eines anderen Vorstands) zur Geltendmachung der Forderungen anzuhalten. Fehlen entsprechende landesrechtliche Vorschriften und ist der Stifter selbst der Vorstand, hat das die Stiftungsbehörde (bis zum 30.6.2023 das Amtsgericht) einen Notvorstand zu bestellen (vgl. § 84c Abs. 1 S. 2 BGB; bis 30.6.2023: § 86 S. 1 i.V.m. § 29 BGB a.F.).
b) Stiftungserrichtung von Todes wegen
Rz. 85
Bei der Stiftungserrichtung von Todes wegen erfolgt die Zuwendung des Vermögens nach erbrechtlichen Vorschriften. Die Stiftung kann Allein-, Mit-, Vor- oder Nacherbe, Vermächtnisnehmer oder Empfänger einer Zuwendung in Ausführung einer Auflage des Erblassers sein.
Rz. 86
Wird die Stiftung als Alleinerbin eingesetzt, geht das Vermögen des Erblassers gem. § 1922 BGB auf die Stiftung über. Sie haftet auch für Nachlassverbindlichkeiten; ggf. bestehen Pflichtteils- bzw. Pflichtteilsergänzungsansprüche. Die Stiftung kann das Erbe nicht ausschlagen, da die Vermögensausstattung ihre Existenz gerade erst begründet.
Rz. 87
Die Stiftung kann auch als Miterbin eingesetzt werden. Sie befindet sich dann in der Erbengemeinschaft mit den anderen Erben. Dies führt zu der schwierigen Situation, dass bis zur Auseinandersetzung die auf die Stiftung zu übertragenden Vermögensgegenstände nicht genau bestimmt werden können. Es ist also unklar, mit welchem Vermögen die Stiftung ausgestattet sein wird. Umgekehrt ist aber auch die Auseinandersetzung bis zur Anerkennung der Stiftung nicht möglich, vgl. § 2043 BGB. Um dies zu vermeiden, sollten der Stiftung durch genaue Bezeichnung einzelne bestimmte Vermögensgegenstände – etwa durch Teilungsanordnung oder auch durch Vorausvermächtnis – zugewiesen werden. Es besteht dann hinreichende Sicherheit über das zu erwartende Vermögen und die Stiftungsbehörde kann die Anerkennung aussprechen. Andernfalls muss ggf. mit der Stiftungsbehörde verhandelt werden. Ist die Regelung für die Auseinandersetzung unter den Erben in der Sache geklärt, kann auch dies die Grundlage für die Anerkennung der Stiftung sein.
Rz. 88
Die Einsetzung der Stiftung als Nacherbin (§ 2100 BGB) führt im Zweifel dazu, dass die Stiftung erst mit dem Eintritt des Nacherbfalls anerkannt wird, da der Vorerbe nur in den Grenzen der §§ 2113 ff. BGB in der Verfügung über den Nachlass beschränkt ist. Dies kann auch dazu führen, dass die Stiftung mangels Vermögen gar nicht mehr anerkannt werden kann. Allerdings können die Rechte des Vorerben testamentarisch beschränkt werden.
Rz. 89
Die Stiftung als Vorerbin einzusetzen, ist – sofern sie nicht vermächtnisweise mit weiterem substantiellen Vermögen ausgestattet wird – nur möglich, wenn die Stiftung (ausnahmsweise) "auf Zeit" errichtet, also der Stiftungszweck nur während eines bestimmten Zeitraums erfüllt werden soll oder dieser Zeitraum erwartbar so lange ist, dass er die Dauerhaftigkeit der Stiftung im Sinne des § 82 BGB (bis 30.6.2023: § 80 Abs. 2 BGB a.F.) erreicht wird. Wird die Stiftung als Ersatzerbin eingesetzt (§ 2096 BGB), wird die Stiftungsbehörde die Stiftung erst anerkennen, wenn die Stiftung mit dem Eintritt des Ersatzfalls tatsächlich Erbin wird.
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