Von Todes wegen kann einer Familienstiftung Vermögen i.R. eines Stiftungsgeschäfts oder i.R. einer Zustiftung übertragen werden.
Ein Stiftungsgeschäft von Todes wegen liegt vor, wenn die Errichtung und die damit einhergehende Vermögensübertragung i.R. eines Erbfalls erfolgt, wobei das Vermögen auf eine vom Erblasser angeordnete, inländische und rechtsfähige Stiftung übertragen wird. Dies ist ein steuerpflichtiger Erwerb von Todes wegen durch die angeordnete Stiftung i.S.d. § 3 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 ErbStG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Dass der Erblasser bzw. Stifter in Personalunion eine Stiftungserrichtung anordnet, bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Familienstiftung durch seine letztwillige Verfügung (Testament oder Erbvertrag) errichtet wird. Ein solcher Erwerb von Todes wegen durch die Stiftung liegt ebenfalls vor, wenn der Erblasser seinen Erben oder Vermächtnisnehmern durch letztwillige Verfügung auferlegt, dass diese mit dem geerbten Vermögen eine Familienstiftung durch ein Rechtsgeschäft unter Lebenden errichten sollen (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 u. Nr. 2 ErbStG).
Hingegen liegt eine Zustiftung von Todes wegen vor, wenn die Familienstiftung bereits vor dem Erbfall bestand und diese Stiftung als Erbin oder Vermächtnisnehmerin i.R. einer letztwilligen Verfügung Vermögen übertragen wird und diese Übertragung nicht mit der Stiftungserrichtung in Zusammenhang steht (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG).
Ein Stiftungsgeschäft unter Lebenden i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 8 i.V.m. §§ 1 Abs. 1, Abs. 2 und § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG liegt vor, wenn die Errichtung und Erstausstattung der Familienstiftung durch den Stifter zu Lebzeiten erfolgt. Auch hier muss die Übertragung von der Stiftungserrichtung unabhängig sein.
Eine Zustiftung unter Lebenden ist ein Vorgang i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (vgl. Gottschalk in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, Stand: 7/2023, § 3 Rz. 320 ff. m.w.N.; Götz in Stenger/Loose, BewG/ErbStG/GrStG, Stand: 157. EL., § 3 ErbStG Rz. 250 ff. m.w.N.; BFH v. 25.1.2017 – II R 26/16, ZEW 2017, 286 ff. = ErbStB 2017, 125 [Marfels]).
Nach der Beurteilung, um welchen Erwerb es sich handelt, ist nun zu erörtern, wann die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer entsteht bzw. welcher Bewertungsstichtag zugrunde zu legen ist.
Beim Stiftungsgeschäft von Todes wegen (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 lit. c ErbStG) oder zu Lebzeiten (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) entsteht die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer im Zeitpunkt der behördlichen Anerkennung der Stiftung (s.o. unter 2.). Entsprechend ist dieser Zeitpunkt auch der Bewertungsstichtag gem. § 11 ErbStG für Stiftungsgeschäfte von Todes wegen und zu Lebzeiten.
Bei Zustiftungen – sowohl von Todes wegen als auch zu Lebzeiten – ist der Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung maßgebend, da es bei einer bestehenden Stiftung keiner weiteren behördlichen Anerkennung zur Entgegennahmefähigkeit bzgl. der Zuwendung bedarf (vgl. Böing in BeckOK/ErbStG, Stand: 10/2023, § 3 Rz. 350 m.w.N.; H E 9.3 ErbStH 2019 "Bewertungsstichtag bei Errichtung einer Stiftung"; Hartmann in Stenger/Loose, BewG/ErbStG/GrStG, Stand: 146. EL, § 7 ErbStG Rz. 287 m.w.N.; Worgulla in BeckOK/ErbStG, Stand: 10/2023, § 9 Rz. 46 ff. m.w.N.).
Bei Vermögensübertragungen auf eine inländische Familienstiftung sind die beschriebenen Wege von besonderer Bedeutung für die Bestimmung der richtigen Steuerklasse hinsichtlich des Stiftungsgeschäfts. Bei Stiftungsgeschäften von Todes wegen oder zu Lebzeiten liegt gem. § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG das sog. Steuerklassenprivileg vor. Hiernach ist für die Ermittlung der Steuerklasse das Verwandtschaftsverhältnis maßgebend, welches nach der Stiftungsurkunde den zum Stifter entferntest verwandten Berechtigten (Bezugs- und Anfallsberechtigten) betreffen würde, auch wenn dieser noch nicht oder erst durch eine Generationenfolge unmittelbar bezugsberechtigt ist.
Beraterhinweis Nach Ansicht der Verfasser ist die Steuerklasse bzw. der Freibetrag für den entferntest verwandten heranzuziehen der nach Stiftungssatzung berechtigt ist, unabhängig davon ob dieser bereits existiert. Sieht die Stiftungssatzung vor, dass Kinder und Enkel nebeneinander berechtigt sind (obwohl noch keine Enkel vorliegen), so ist u.E. die Steuerklasse I Nr. 2 und der entsprechende Freibetrag i.H.v. 200.000 EUR heranzuziehen. Wird jedoch festgelegt, dass satzungsgemäß erst die Kinder berechtigt sind und bei deren Versterben dann erst die nachrückenden Enkel, ist u.E. die Steuerklasse I Nr. 2 und der Freibetrag i.H.v. 400.000 EUR heranzuziehen. Liegt der Fall vor, dass nach Versterben der kinderlosen Kinder die Geschwister des Stifters in den Status eines Berechtigten gelangen, ist u.E. dennoch die Steuerklasse I Nr. 2 und der Freibetrag i.H.v. 400.000 EUR heranzuziehen, da die Kinder die Geschwister zu Lebzeiten ausschließen können (vgl. Högl in Stenger/Loose, BewG/ErbStG/GrStG, Stand: 152. EL, § 15 ErbStG Rz. 71 m.w.N.; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, Stand: 7/2023, § 15 Rz. 101 ff. m.w.N.; Gräfe in BeckOK/ErbStG...