Dr. Daniel Faulenbach, Peter Friedhofen
A. Einführung
Rz. 1
§ 7 KSchG erfasst dabei alle Unwirksamkeitsgründe. Ausnahmen sind die formnichtige Kündigung und die Kündigung durch einen vollmachtlosen Vertreter, die auch nicht nachträglich genehmigt wurde: Diese Unwirksamkeitsgründe werden von § 4 S. 1 KSchG nicht erfasst und damit auch nicht von § 5 KSchG.
Rz. 2
Auch im Rahmen des sog. gesetzlichen Abfindungsanspruchs bei betriebsbedingter Kündigung gem. § 1a KSchG ergeben sich neue Problemgestaltungen. Nach § 1a Abs. 1 S. 1 KSchG ist Tatbestandsvoraussetzung für das Entstehen des Abfindungsanspruchs, dass der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 S. 1 KSchG keine Klage auf Feststellung erhebt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Unabhängig davon, ob man in dem Verstreichenlassen der Klagefrist durch den Arbeitnehmer eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung sieht (konkludente Annahme des Abfindungsangebotes des Arbeitgebers) oder ob man dem Verstreichenlassen der Klagefrist durch den Arbeitnehmer keinen rechtsgeschäftlichen Charakter beimisst, so scheint es jedenfalls nicht umstritten zu sein, dass auch bei einer arbeitgeberseitigen Kündigung nach § 1a KSchG mit Abfindungsangebot dem Arbeitnehmer nicht die Möglichkeit genommen werden soll, durch die nachträgliche Klagezulassung nach § 5 KSchG zum einen die Fiktionswirkung des § 7 KSchG zu beseitigen und zum anderen dem Verstreichenlassen der Klagefrist die entsprechende Wirkung im Rahmen des § 1a KSchG zu beseitigen, sei es nun als konkludente Annahmeerklärung oder als Verhalten des Arbeitnehmers ohne rechtsgeschäftlichen Charakter oder als Realakt. Hat ein Arbeitnehmer etwa wegen Krankheit oder Urlaub die Klagefrist unverschuldet i.S.v. § 5 Abs. 1 KSchG nicht gewahrt und wird die nachträgliche Zulassung der Klage unter den weiteren Voraussetzungen des § 5 KSchG rechtskräftig zugelassen, so ist zum einen die Fiktionswirkung des § 7 KSchG beseitigt. Zum anderen stellt sich die Frage, welche Auswirkungen dies auf den Abfindungsanspruch oder die möglicherweise schon ausgezahlte Abfindung hat.
Rz. 3
Der Gesetzgeber hat diese Frage nicht gesehen, jedenfalls regelt § 1a KSchG nicht, welche Rechtsfolgen eintreten sollen, wenn der Antrag des Arbeitnehmers auf nachträgliche Zulassung der Klage erfolgreich ist. Willemsen/Annuß gehen von einer planwidrigen Regelungslücke aus, für deren Schließung wesentlich darauf abzustellen sei, dass der Anspruch nach § 1a KSchG nur dann bestehen soll, wenn dadurch eine dauerhafte Streitschlichtung ermöglicht wird. Diesem Regelungsanliegen des Gesetzgebers dürfte nur dadurch ausreichend Rechnung getragen werden können, dass § 1a KSchG insoweit eine Korrektur erfährt, als der Abfindungsanspruch bzw. die Anwartschaft auf ihn immer dann mit Ex-tunc-Wirkung entfällt, wenn der Antrag auf nachträgliche Klagezulassung gem. § 3 KSchG gestellt wird. Dabei sei es unerheblich, ob die Klage im späteren Verfahren auch tatsächlich erfolgreich sei oder nicht. Der Arbeitgeber muss dann die Abfindung nicht zahlen, da keine Abfindungsvereinbarung besteht. Hat er schon gezahlt, kann er die Abfindung wegen Wegfalls des Rechtsgrundes nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB zurückfordern.
Rz. 4
Hat der Arbeitgeber bei der Kündigung § 1a KSchG fehlerhaft angewandt, kommt ebenfalls die Zulassung der nach Fristablauf erhobenen Kündigungsschutzklage nach § 5 Abs. 1 KSchG in Betracht. Dass der Arbeitnehmer trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die Klage fristgerecht zu erheben, liegt zumindest dann auf der Hand, wenn er zunächst von einem wirksamen Abfindungsangebot ausgehen durfte und der Arbeitgeber der Abfindungsvereinbarung nach Ablauf der Klagefrist durch Anfechtung oder Rücktritt die Wirksamkeit nimmt. Daneben gilt § 5 KSchG auch bei einer Anfechtung durch den Arbeitnehmer wegen arglistiger Täuschung.
Rz. 5
§ 5 KSchG gilt nur in den Fällen, in denen der Arbeitgeber eine schriftliche Kündigung ausgesprochen hat. Dies ergibt sich aus der Neufassung des § 5 Abs. 1 KSchG: "… nach Zugang der schriftlichen Kündigung zu erheben …" und entspricht insoweit der Neufassung des § 4 S. 1 KSchG "… nach Zugang der schriftlichen Kündigung …".
B. Normzweck
Rz. 6
Erhebt der Arbeitnehmer gegen eine schriftliche Kündigung des Arbeitgebers innerhalb der zur Geltendmachung von Unwirksamkeitsgründen einheitlichen Klagefrist von drei Wochen des § 4 S. 1 KSchG keine Kündigungsschutzklage, tritt die Wirkung des § 7 KSchG ein; danach gilt ...