Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
Rz. 402
Die Einbringung eines Einzelunternehmens führt nach allgemeinen Grundsätzen zu einer Besteuerung eines Veräußerungsgewinns (ggf. tarifbegünstigt nach §§ 16, 34 EStG) für den Einzelunternehmer. § 24 UmwStG findet als besondere Bewertungsvorschrift abweichend von § 16 Abs. 2 EStG Anwendung.
Nach § 24 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006 führen Einbringungen zum Ansatz des gemeinen Werts als Regelwert. § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG vermittelt (nur) der aufnehmenden Gesellschaft das Wahlrecht, die Einbringung zum Buch- oder einem Zwischenwert vorzunehmen, wenn eine Sachgesamtheit (Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil) eingebracht wird und der Einbringende dafür Mitunternehmer in der aufnehmenden Gesellschaft wird oder sein Kapitalkonto aufstockt (zur "Gewährung von Gesellschaftsrechten" i.S.d. § 24 UmwStG s. Rdn 386). In zeitlicher Hinsicht ist § 24 UmwStG auch anwendbar, wenn die aufnehmende Personengesellschaft im Zuge der Einbringung erst entsteht.
Rz. 403
Damit der aufnehmenden Gesellschaft das Bewertungswahlrecht zusteht, muss der Einbringende eine qualifizierte Sachgesamtheit (seinen Betrieb/Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil) einbringen, d.h. alle zugehörigen wesentlichen Betriebsgrundlagen (Vermögensgegenstände und Schulden) in das Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft übertragen. Die Voraussetzungen einer Einbringung liegen auch vor, wenn die Wirtschaftsgüter gleichzeitig in das Gesamthands- und/oder das Sonderbetriebsvermögen des Einbringenden bei der aufnehmenden Gesellschaft gelangen. Inwieweit im Vorfeld die Ausgliederung wesentlicher Betriebsgrundlagen in ein anderes Betriebsvermögen möglich ist, ist sehr umstritten. Die Finanzverwaltung prüft bisher nach Tz. 24.01 i.V.m. Tz. 20.06 ff. des UmwStE 2011 in diesen Fällen die Anwendung der Gesamtplanrechtsprechung. Ob die Finanzverwaltung die Gesamtplanbetrachtung (s. Rdn 381) auch für Zwecke der §§ 20,24 UmwStG weiter anwendet, bleibt abzuwarten. Der BFH hat verschiedentlich Ausgliederungen oder Entnahmen im Vorfeld einer Umwandlung als unschädlich angesehen. Allerdings ist keine Einbringung i.S.d. § 24 UmwStG mehr gegeben, wenn die Wirtschaftsgüter ausschließlich in das Sonderbetriebsvermögen bei der aufnehmenden Personengesellschaft gelangen, da dies dem Einbringenden nicht die notwendige Stellung als Mitunternehmer einräumt. Für den Einbringenden entsteht auch dann kein Veräußerungsgewinn, wenn der eingebrachte Betrieb ein steuerliches Negativkapital aufweist.
Rz. 404
Weitere Voraussetzung ist, dass der Einbringende Mitunternehmer wird oder sich sein Kapitalkonto im steuerlichen Sinne erhöht. Damit wird nach allgemeiner Auffassung (Tz. 24.07 des UmwStE 2011) die Einräumung einer zivilrechtlichen Gesellschafterstellung mit ausreichender Mitunternehmerinitiative und -risiko (Gründungsfall) und teilweiser Gutschrift des Einlagewertes auf einem steuerlichen Kapitalkonto verstanden, allerdings ist keine Mindestbeteiligungshöhe bei dieser vermögensmäßigen Beteiligung notwendig. Im Fall einer schon bestehenden Beteiligung ist ein Kapitalkonto mit Eigenkapitalcharakter des Einbringenden zu erhöhen.
Rz. 405
Werden die oben beschriebenen Anforderungen erfüllt, kann die Personengesellschaft das Wahlrecht aus § 24 Abs. 2 UmwStG ausüben, die eingebrachten Wirtschaftsgüter zum Buchwert, einem Zwischenwert oder zum Teilwert anzusetzen. Die Ausübung dieses Wahlrechts durch die Personengesellschaft umfasst zwei Komponenten in Form einer Antragstellung, die spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der Schlussbilanz erfolgen muss (§§ 24 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG) und der Abgabe der Steuererklärung samt Schlussbilanz mit (Buch- oder Zwischenwertansätzen). Die Antragstellung kann auch konkludent erfolgen, d.h. eine Fortführung der Buchwerte in der Bilanz der übernehmenden Gesellschaft dokumentiert den Willen zur Buchwertfortführung. Die Angabe ggf. falscher Rechtsgrundlagen in einem Antrag (z.B. Verweis auf § 6 Abs. 5 EStG) steht der Wirksamkeit nicht entgegen, insbesondere wenn klar ersichtlich ist, dass die Buchwertfortführung im Ergebnis angestrebt wird. Die Personengesellschaft ist bei der Einbringung eines Betriebes in der Ausübung des Wahlrechts nicht an die Wertansätze in der Handelsbilanz gebunden. Der Gesetzgeber hat unter anderem in § 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG (auch in den § 20, 21 UmwStG) rückwirkend für Einbringungen nach dem 31.12.2014 das Buchwertwahlrecht eingeschränkt, wenn dem Einbringenden neben den Gesellschaftsrechten eine "sonstige Gegenleistung" im Sinne der Vorschrift eingeräumt wird. Das Gesetz enthält absolute Grenze (Buchwert, max. aber 500.000,00 EUR) und alternativ eine relative Grenze (25 % des Buchwerts), innerhalb derer ein Mischentgelt noch zulässig ist. Insoweit kann die günstigste Alternative angewendet werden, d.h. bei einem Unternehmen mit einem Buchwert von 600.000 EUR führt die absolute Grenze zu einer höheren möglichen sonstigen Gegenleistungen als sie Anwend...