Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
a) Buchführung und Inventar
Rz. 74
Der Jahresabschluss (§§ 242–342e HGB) ist aus der Buchführung (§§ 238–241 HGB) zu entwickeln, wobei die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sowohl für die Buchführung (vgl. § 238 Abs. 1 Satz 1 HGB) als auch für den Jahresabschluss und Konzernabschluss gelten (§§ 243 Abs. 1, 297 Abs. 2 Satz 2 HGB). Die gesamte Buchführungstechnik bezweckt, einen unwirtschaftlichen Arbeitsaufwand zu vermeiden. Theoretisch ließe sich jeder Geschäftsvorfall auch unmittelbar in der Bilanz abbilden (vgl. o. Rdn 4). Der (Form-)Kaufmann könnte also nach jedem Geschäftsvorfall theoretisch auch eine geänderte Bilanz aufstellen. Die Buchführung dient dazu, alle Geschäftsvorfälle zu belegen. Die entsprechenden Eintragungen in die Bücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen müssen deshalb vollständig, richtig, zeitnah und geordnet vorgenommen werden (§ 239 Abs. 2 HGB). Insgesamt muss die Buchführung so beschaffen sein, dass sie einem verständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann (§ 238 Abs. 1 Satz 2 HGB).
Rz. 75
Technisch wird die auf den Anfang des Geschäftsjahres aufzustellende Eröffnungsbilanz in Konten zerlegt, auf denen die einzelnen Geschäftsvorfälle dann erfasst werden. Der Buchführende richtet zunächst so viele Konten ein, wie Bilanzposten vorhanden sind. §§ 238 Abs. 1 Satz 3, 242 Abs. 3 HGB verlangen eine doppelte Buchführung dergestalt, dass jeder Geschäftsvorfall mindestens zwei Konten, und zwar einmal im Soll (linke Seite) und einmal größengleich im Haben (rechte Seite) berührt. Dadurch wird das Bilanzgleichgewicht gewahrt (Grundsatz: keine Buchung ohne Gegenbuchung).
Beispiel
Geschäftsvorfall (GV): Kauf eines unbebauten Grundstücks und Zahlung des Kaufpreises i.H.v. 100.000,00 EUR per Banküberweisung.
Soll |
Grund + Boden |
Haben |
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Soll |
Bank |
Haben |
GV |
100.000,00 EUR |
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|
|
GV |
100.000,00 EUR |
Die Buchung wird durch einen Buchungssatz ausgedrückt, der den zugrunde liegenden Geschäftsvorfall bestimmt. Umgekehrt lässt sich auch vom Buchungssatz auf den Geschäftsfall schließen. Der Buchungssatz nennt zuerst die Soll-Buchung, dann die Haben-Buchung. Die Kurzformel lautet "Von Soll an Haben" (oder "Soll an Haben"). Im Beispielsfall lautet der Buchungssatz "Grund + Boden 100.000,00 EUR an Bank 100.000,00 EUR".
Rz. 76
Man unterscheidet Bestands- und Erfolgskonten. In die Bestandskonten werden zunächst die Bestände der Eröffnungsbilanz übernommen. Sie werden folglich in Aktivkonten, welche die Aktiva (z.B. Maschinen, Waren, Kassenbestände) erfassen, und Passivkonten, welche die Passiva (z.B. Eigenkapital, Verbindlichkeiten, Rückstellungen) erfassen, unterteilt.
Beispiel
Soll |
Aktivkonto |
Haben |
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Soll |
Passivkonto |
Haben |
AB (Anfangsbestand) |
Abgänge (-) |
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Abgänge (-) |
AB |
Zugänge (+) |
EB (Endbestand) |
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EB |
Zugänge (+) |
Rz. 77
Erfolgskonten weisen Erträge und Aufwendungen aus. Sie sind Unterkonten des Kapitalkontos, folgen daher den gleichen Regeln wie direkte Buchungen auf dem Kapitalkonto und gliedern sich in Ertrags- und Aufwandskonten. Erträge (Kapitalerhöhungen) werden rechts gebucht, Aufwendungen (Kapitalminderungen) links. Im Mittelpunkt steht das Gewinn- und Verlustkonto (GuV-Konto), welches auf der linken Seite im Soll die Aufwendungen den Erträgen auf der rechten Seite im Haben gegenüberstellt. Zum Aufwand gehören z.B. Lohnaufwand, Mietaufwand, Zinsaufwand; zu den Erträgen gehören z.B. Umsatzerlöse für eigene Erzeugnisse und andere eigene Leistungen oder für Waren und sonstige Umsatzerlöse sowie sonstige betriebliche Erträge (z.B. Erlöse aus Vermietung und Verpachtung). Die speziellen Aufwands- und Ertragskonten werden am Jahresende über das GuV-Konto abgeschlossen, nachdem vorher auf den einzelnen Konten der Saldo gezogen worden ist. Dies wird durch die Buchungssätze "GuV-Konto an andere Aufwandskonten" und "alle Ertragskonten an GuV-Konto" durchgeführt.
Rz. 78
Weitere Unterkonten des Kapitalkontos sind die Privatkonten (Entnahme-/Einlagekonten), auf denen außerbetrieblich veranlasste Geschäftsvorfälle erfasst werden. Eine außerbetrieblich veranlasste Minderung des Betriebsvermögens wird durch die Entnahmebuchung ausgeglichen. Eine außerbetrieblich veranlasste Erhöhung des Betriebsvermögens wird durch die Einlage ausgeglichen, um sicherzustellen, dass diese Geschäftsvorfälle keinen Einfluss auf das Betriebsergebnis haben.
Hinweis
Die Praxis bedient sich zur Erfassung und Bearbeitung des anfallenden Zahlenmaterials bestimmter Kontenrahmen (insb. Industriekontenrahmen und Gemeinschaftskontenrahmen). Der Kontenrahmen enthält mit Ziffern versehene Kontenklassen (z.B. Klasse 6 = Betriebliche Aufwendung), die wiederum in mit Ziffern versehene Gruppen (z.B. Gruppe 62 = Löhne) unterteilt sind. Durch die Nummerierung lassen sich die Buchungssätze verkürzen und exakt bezeichnen. Dies erleichtert die elektronische Datenverarbeitung und dient der Übersichtlichkeit der Buchführung.
Rz. 79
Die Schlussbilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung...