Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
Rz. 209
Bei Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften ohne voll haftende natürliche Person (§ 264a HGB) gehört zum Jahresabschluss auch ein Anhang (§§ 264 Abs. 1 Satz 1, 284 ff. HGB). Nach § 264 Abs. 1 Satz 5 HGB sind Kleinstkapitalgesellschaften von der Pflicht befreit, einen Anhang zum Jahresabschluss aufzustellen, wenn unter der Bilanz Angaben zu Haftungsverhältnissen, zu gewährten Vorschüssen und Krediten an Mitglieder des Geschäftsführungsorgans, eines Aufsichtsrats, eines Beirats oder einer ähnlichen Einrichtung jeweils für jeder Personengruppe und im Falle einer AG zum Bestand an eigenen Aktien gemacht werden.
Der Jahresabschluss ist einerseits ein reines Zahlenwerk und dient zum anderen auch unterschiedlichen und im Einzelfall nicht miteinander in Einklang zu bringenden Interessen. Nach traditionellem deutschen Verständnis genießt das Vorsichtsprinzip Vorrang vor dem Prinzip des § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB, der eine möglichst zutreffende Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage verlangt (dazu o. Rdn 100). Insofern übernimmt der Anhang (§§ 284 ff. HGB) eine Korrekturfunktion, indem er Bilanz und GuV-Rechnung verbal erläutert und den Informationsgehalt ergänzt. Der Pflichtangabenkatalog ist in §§ 284, 285 HGB umschrieben, die nachfolgenden §§ 286–288 HGB behandeln einige Ausnahmetatbestände. § 288 HGB stellt kleine Kapitalgesellschaften und diesen gleichgestellte Personengesellschaften von der Aufnahme bestimmter Angaben frei. Mittlere Kapitalgesellschaften können einen Anhang ohne diese Angaben zum Handelsregister einreichen.
Der Pflichtangabenkatalog schreibt etwa vor, dass Wahlrechte und Bewertungsmethoden offengelegt werden (§ 284 Abs. 2 Nr. 1 HGB) und Angaben zur Fristigkeit von Verbindlichkeiten gemacht werden müssen (§ 285 Nr. 2 HGB). § 285 Nr. 3 HGB steht im Zusammenhang mit §§ 285 Nr. 3a, 251 HGB. Danach müssen im Anhang Art und Zweck sowie Risiken und Vorteile von nicht in der Bilanz enthaltenen Geschäften aufgenommen werden, soweit dies für die Beurteilung der Finanzlage notwendig ist. Nach der Begründung des RegE fallen hierunter Transaktionen, die von vornherein dauerhaft keinen Eingang in die Handelsbilanz finden oder einen dauerhaften Abgang von Vermögensgegenständen oder Schulden aus der Handelsbilanz nach sich ziehen. Zu nennen sind etwa die sich aus nicht bilanzierten schwebenden Geschäften ergebenden langfristigen Verpflichtungen (Miete, Leasing). § 285 Nr. 3a HGB erfasst zudem sonstige finanzielle Verpflichtungen, die weder in der Bilanz erscheinen noch in den Haftungsverhältnissen unter dem Strich i.S.d. §§ 251, 268 Abs. 7 HGB, soweit die Angaben für die Beurteilung der Finanzlage von Bedeutung sind. In Abgrenzung zu § 285 Nr. 3 HGB sollen darunter etwa Folgeinvestitionen bereits begonnener Investitionsvorhaben oder künftig anfallende Großreparaturen fallen, denen noch keine vertraglichen Abreden zugrunde liegen, sowie Verpflichtungen aus öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnissen, die sich noch nicht in einer Weise verdichtet haben, die einen Bilanzausweis rechtfertigt.
Durch manche Angaben wird die Transparenz der Bilanzposten erhöht, etwa für Umsatzerlöse nach Tätigkeitsbereichen und geografisch bestimmten Märkten nach § 285 Nr. 4 HGB oder für Geschäftsführerbezüge nach § 285 Nr. 9 HGB.