Rz. 328

Kommanditisten, die nach dem Gesellschaftsvertrag mit dem Regelstatut des HGB vergleichbaren Rechten und Pflichten ausgestattet sind, werden nach der ständigen Rspr. des BFH regelmäßig als Mitunternehmer bewertet.[567] Unschädlich ist insoweit, dass der Kommanditist nach § 164 HGB nicht zur Geschäftsführung befugt ist bzw. ihm nach § 166 HGB keine Unternehmensinitiative gewährt wird. Unschädlich ist auch, wenn es sich um quotal niedrige Beteiligungen (z.B. unter 1 %) handelt, die effektiv keinen Einfluss auf Entscheidungen der Mehrheitsgesellschafter haben.

 

Rz. 329

Eine Mitunternehmerstellung liegt nicht vor, sofern der Kommanditist nach dem Gesellschaftsvertrag so stark in seinen Rechten / Möglichkeiten begrenzt ist, dass er keine ausreichende Mitunternehmerinitiative entfalten kann bzw. kein ausreichendes Mitunternehmerrisiko trägt. Dies kann der Fall sein, wenn er nicht am Gewinn beteiligt ist, sondern allenfalls eine Festvergütung erhält und lediglich einer Verlustbeteiligung in Höhe seine Einlage unterliegt.[568] Schädlich ist insofern auch das im Gesellschaftsvertrag festgelegte Ausscheiden vor der erwarteten Gewinnphase, sofern bis zum Ausscheiden mit keiner Bildung von stillen Reserven in nennenswertem Umfang gerechnet wird.[569] Weiterhin schädlich für das Vorliegen einer Mitunternehmerstellung ist auch der vollständige Ausschluss von Stimm- und Widerspruchsrechten im Gesellschaftsvertrag.[570]

 

Beispiele für die fehlende Mitunternehmerstellung des Kommanditisten

Ausschluss des Widerspruchrechts nach § 164 HGB,[571]
Ausschluss von der Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung oder
Vereinbarung des Mehrheitsprinzips auch bei Grundlagengeschäften ohne Vetorecht.[572]
 

Rz. 330

Das Vorliegen einer Gesellschafterstellung ohne Mitunternehmerrisiko begründet keine Mitunternehmerstellung.[573] Insofern ist bspw. der Treuhandkommanditist einer fremdnützigen Treuhand kein Mitunternehmer (vgl. dazu u. Rdn 332).[574] Auch der sog. Nullbeteiligungsgesellschafter (zivilrechtlicher Gesellschafter mit Außenhaftung, aber ohne Gewinn-/Verlust- und Vermögensbeteiligung und ohne überschießende Initiativrechte) begründet keine Mitunternehmerstellung.[575] Ebenfalls kein Mitunternehmer ist ein Scheinsozius einer Freiberufler-Sozietät.[576]

 

Rz. 331

Die fehlende Mitunternehmerstellung einzelner Gesellschafter bewirkt keine Aufteilung des Gesamthandsvermögens der Gesellschaft. Dieses bleibt ungeachtet der Beteiligungsverhältnisse der Mitunternehmer und der anderen Gesellschafter insgesamt Betriebsvermögen. Die Gewinnanteile der anderen Gesellschafter sind jedoch je nach betrieblicher oder privater Veranlassung als Betriebsausgaben oder nichtabzugsfähige Gewinnverwendung (z.B. Unterhaltszahlungen) der anderen Gesellschafter zu behandeln.[577] Beim Empfänger sind die Gewinnanteile als Kapitaleinkünfte zu klassifizieren. Durch die Klassifizierung als nichtabzugsfähige Gewinnverwendung besteht das Risiko einer systemwidrigen Doppelberücksichtigung der Gewinne zum einen auf Ebene der Mitunternehmer und zum anderen auf Ebene des Empfängers der entsprechenden Gewinnanteile.

 

Rz. 332

Eine Ein-Mitunternehmer-Personengesellschaft ist im sog. Treuhandmodell (z.B. GmbH & Co. KG) realisierbar, welche bei zwei zivilrechtlichen Gesellschaftern nur über einen Mitunternehmer im steuerlichen Sinne verfügt. Das Gesamthandsvermögen der Gesellschaft inklusive etwaiger darin enthaltenen stillen Reserven ist somit dem alleinigen Mitunternehmer als steuerlichem Alleineigentümer zuzurechnen.[578] Eine Ausgestaltung kann derart erfolgen, dass sich das Mutterunternehmen (unabhängig von der Rechtsform) zu 99,9 % als Komplementärin an einer Tochter GmbH & Co. KG und gleichzeitig zu 100 % an einer Kommanditisten-GmbH beteiligt. Letztere hält wiederum eine Festkapitalbeteiligung von bspw. 0,1 % an der Tochter GmbH & Co. KG nur treuhänderisch für das Mutterunternehmen hält. Im Ergebnis verbleibt als einzige Mitunternehmerin das Mutterunternehmen, welches 100 % der Anteile (unmittelbar und mittelbar) auf sich vereint. Anwendungsbereiche ergeben sich insoweit bspw. bei Betriebsvermögen, das keinem Teilbetrieb darstellt, gleichwohl zivilrechtlich in einem Rechtsträger separiert werden soll, ohne dass eine Steuerbelastung ausgelöst wird. Ferner kann in einer solchen Struktur eine Ergebnisverrechnung nicht nur bezüglich der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer sondern auch bei der Gewerbsteuer erreicht werden.

[567] Schmidt/Wacker, EStG, § 15 Rn 266.
[568] BFH, 6.7.1995 – IV R 79/94, BStBI II 1996, S. 269; Schmidt/Wacker, EStG, § 15 Rn 269.
[569] BFH, 10.11.1977 – IV B 33/76, BStBI. II 1978, S. 15.
[570] Schmidt/Wacker, EStG, § 15 Rn 272.
[571] Kirchhof/Kulosa/Ratschow/Schenke, EStG, § 15 Rn 1510.
[573] BFH, 28.10.1999 – VIII R 66–70/99, BStBl II 2000, S. 183; m. Anm. Binz, GmbHR 2000, 241 ff.; Cordes/Kotzenberg, in: Bilanzrecht, Anhang 2 zu §§ 238–263 HGB: Steuerliche Gewinnermittlung bei Persone...

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