Prof. Dr. Michael Fischer, Prof. Dr. Martin Cordes
(1) Tatbestandsmerkmale/Rechtsfolgen
Rz. 433
Das KStG schränkt bei einem Wechsel der Anteilseigner einer Körperschaft den Abzug von Verlustvorträgen aus der Vergangenheit unter gewissen Voraussetzungen ein.
Zunächst sah § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG a.F. als "Grundstufe" einen quotalen Untergang des Verlustabzugs bei Übertragung von mehr als 25 % bis 50 % der Anteile oder Stimmrechte innerhalb von 5 Jahren vor. Diese Norm wurde allerdings als verfassungswidrig erklärt. Mit dem "JStG 2018" wurde insofern eine Neuregelung des § 8c KStG verabschiedet, welche ausschließlich den Verlustuntergang bei Übertragung von mehr als 50 % der Anteile, Gewinnbezugsrechte, Stimmrechte oder sonstigen Gesellschafterrechte innerhalb eines Fünf-Jahreszeitraums beinhaltet. Die Finanzverwaltung hat zu Einzelfragen der Anwendung von § 8c KStG ihre Rechtsauffassung in dem BMF-Schreiben vom 28.11.2017 veröffentlicht (Rechtsstand vor den Änderungen des "JStG 2018"). Die aktuelle Regelung beinhaltet folgende Eckpunkte:
▪ |
Ein vollständiger Untergang des Verlustabzugs tritt bei der Übertragung von mehr als 50 % der Anteile, Gewinnbezugsrechte, Stimmrechte oder sonstigen Gesellschafterrechte innerhalb eines Fünf-Jahreszeitraums ein. |
▪ |
Der schädliche Anteilseignerwechsel kann mittelbar und unmittelbar erfolgen. |
▪ |
Der Erwerb der Anteile durch eine Erwerbergruppe mit gleichgerichteten Interessen ist ebenfalls schädlich, wenn insgesamt durch die Erwerbergruppe mehr als 50 % innerhalb des Fünf-Jahreszeitraums erworben werden. Wann eine "Erwerbgruppe" in diesem Sinne vorliegt und wann nicht, ist allerdings nicht abschließend geklärt. |
▪ |
Die Abzugsbeschränkung gem. § 8c KStG ist auf alle nicht ausgeglichenen und nicht abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) anwendbar und umfasst ferner die Verluste nach §§ 2a, 10d (Verlustvor- und -rücktrag), 15 Abs. 4, 15a und 15b EStG. Es gehen auch ein (anteiliger) Zinsvortrag (§ 8a Abs. 1 Satz 3 KStG) und ein (anteiliger) vortragsfähiger Gewerbeverlust unter (§ 10a Satz 8 GewStG). |
▪ |
Eine korrespondierende Regelung für die Gewerbesteuer mit Verweis auf § 8c KStG findet sich in § 10a Satz 10 GewStG. |
▪ |
§ 8c Abs. 1 KStG berücksichtigt Ausnahmen für Konzernsachverhalte (sog. "Konzernklausel" nach § 8c Abs. 1 Satz 4 KStG; vgl. nachfolgend Rdn 434). Ferner geht ein Verlustvortrag nicht unter, soweit die Kapitalgesellschaft, bei der der Verlustvortrag besteht, über stille Reserven in ihrem Betriebsvermögen verfügt (sog. "stille Reserven-Klausel" nach § 8c Abs. 1 Satz 5 f. KStG; vgl. nachfolgend Rdn 434). |
▪ |
Schließlich kann über die Regelung des § 8d KStG ein Verlustuntergang auf Antrag vermieden werden, wenn keine Änderung des Geschäftsbetriebs der Körperschaft stattgefunden hat oder kurzfristig geplant ist. Die Vorschrift findet auf schädliche Beteiligungserwerbe i.S.d. § 8c KStG Anwendung, die nach dem 31.12.2015 erfolgen und bei denen der Geschäftsbetrieb der Körperschaft vor dem 1.1.2016 weder eingestellt noch ruhend gestellt war (§ 34 Abs. 6a KStG). |
(2) Anteilsübertragungen
Rz. 434
Entgeltliche Anteilsübergänge unterfallen unzweifelhaft dem Regelungsgegenstand der Vorschrift. Der Begriff des Anteilsübergangs ist zivilrechtlich zu verstehen. Es werden auch mittelbare Anteilseignerwechsel erfasst. Die Konzernklausel des § 8c Abs. 1 Satz 4 KStG definiert Ausnahmen von einen schädlichen Beteiligungserwerb, wenn (Nr. 1) an dem übertragenden Rechtsträger der Erwerber zu 100 % mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist, (Nr. 2) an dem übernehmenden Rechtsträger der Veräußerer zu 100 % mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist oder (Nr. 3) an dem übertragenden und dem übernehmenden Rechtsträger dieselbe natürliche oder juristische Person oder dieselbe Personenhandelsgesellschaft zu jeweils 100 % mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist. Die Stille-Reserven-Klausel verlangt, dass der an sich aufgrund des Beteiligungserwerbs nicht abziehbare Verlust die stillen Reserven des inländischen Betriebsvermögens der Körperschaft nicht übersteigt (§ 8c Abs. 1 Satz 5 ff. KStG). Zur konkreten Anwendung der stille Reserven-Klausel sind verschiedene Einzelfragen bislang nicht finanzgerichtlich geklärt. U.a. ist strittig, ob und inwieweit z.B. stille Reserven der "Verlust-Kapitalgesellschaft" einzubeziehen sind, die sich aus Beteiligungen der "Verlust-Kapitalgesellschaft" an nachgeordneten Personen- oder Kapitalgesellschaften ergeben.
Rz. 435
§ 8c KStG kann im Grundsatz auch unentgeltliche Anteilsübertragungen erfassen. Im BMF-Schreiben zu § 8c KStG vom 28.11.2017, wird präzisiert, dass Anteilsübertragungen im Wege der Schenkung unter die Regelungen des § 8c KStG fallen. Ein Erwerb seitens einer natürlichen Person durch Erbfall einschließlich der unentgeltlichen Erbauseinandersetzung löst keinen U...