A. Allgemeines
Rz. 1
Bei Vorhandensein von landwirtschaftlichem Vermögen kann es zu einer sog. Nachlassspaltung kommen, wenn für die Vererbung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes erbrechtliche Sondervorschriften angewandt werden. Dies ist bspw. der Fall, wenn ein landwirtschaftlicher Betrieb in der Höferolle eingetragen ist und unter den Anwendungsbereich der HöfeO fällt. Dies spiegelt sich auch in der Nachlassabwicklung wieder, wonach das sogenannte Hoferbfolgezeugnis nach § 18 Abs. 2 HöfeO nur ein beschränkter Erbschein ist, da durch das Hoferbfolgezeugnis ausgewiesen wird, wer Hoferbe i.S.d. Höfe = geworden ist. Das Hoferbfolgezeugnis findet aber lediglich Anwendung in den Bundesländern, in denen die HöfeO Anwendung findet (Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen sowie Schleswig-Holstein und künftig auch Brandenburg). Man bezeichnet dies als Sondererbfolge, da das Hofvermögen unmittelbar einem Hoferben anfällt. Der Hof geht also Kraft Gesetz über und nicht nach § 1922 BGB im Wege der Gesamtrechtsnachfolge.
Findet die HöfeO auf einen landwirtschaftlichen Betrieb Anwendung, so führt dies dazu, dass der Erblasser in seinem Testament über zwei getrennte Vermögensmassen verfügen kann. Einmal über das Hofesvermögen entsprechend den Grundsätzen der HöfeO und im Übrigen über sein hofesfreies Vermögen entsprechend den Vorschriften des BGB.
Rz. 2
Wird ein landwirtschaftlicher Betrieb außerhalb des Anwendungsbereichs der HöfeO im Wege der Rechtsnachfolge von Todes wegen auf eine Erbengemeinschaft übertragen, dann kann ein Hofnachfolger, nach §§ 13 ff. GrdstVG versuchen zu erreichen, dass ihm der Hof zugewiesen wird, sofern die Voraussetzungen des Zuweisungsverfahrens gegeben sind. Das Zuweisungsverfahren kommt auch bei Anwendung der HöfeO in Betracht, sofern kein Hoferbe vorhanden ist und der Hof nach den Regeln des bürgerlichen Gesetzbuches vererbt wird, gemäß § 10 HöfeO. Andernfalls befindet sich ein landwirtschaftlicher Betrieb im ungeteilten Nachlass der Erbengemeinschaft, was dann auch zu entsprechenden Steuerfolgen führt, wenn dieser auf einen Erben übertragen wird oder der landwirtschaftliche Betrieb durch die Erbengemeinschaft aufgegeben wird nach §§ 16, 34 EStG. Im Rahmen von § 2049 BGB ist lediglich der Fall geregelt, dass der Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung von Todes wegen angeordnet hat, dass ein Erbe das Recht haben soll, ein zum Nachlass gehörendes Landgut übernehmen zu können.
B. Das landwirtschaftliche Sondererbrecht
I. Die Gesetzeslage
Rz. 3
Die meisten alten Bundesländer – nicht auch die neuen – haben Sonderregeln für die Vererbung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe erlassen. Neben diesen höferechtlichen Sondervorschriften auf Länderebene eröffnet § 13 GrdstVG die Möglichkeit der Zuweisung eines Hofes an einen Miterben als bundeseinheitliche Regelung, und damit gilt auch in den neuen Bundesländern ein besonderes Landwirtschaftserbrecht.
Rz. 4
Die Ermächtigungsgrundlage für die landesrechtlichen Sonderregeln ist Art. 64 EGBGB. Die Sondervorschriften weichen zum Teil erheblich von den §§ 1922 ff. BGB ab. Diese Regelungen dienen dem Erhalt von lebensfähigen landwirtschaftlichen Betrieben.
Rz. 5
▪ |
Rechtspolitischer Hintergrund ist das agrarpolitische Interesse an der geschlossenen Vererbung landwirtschaftlich lebensfähiger Einheiten. Aus diesem Grund soll es einem Hoferben – bei Ehegatten auch beiden – ermöglicht werden, die Rechtsnachfolge in einen Hof anzutreten. Um dieses Ziel zu erreichen, sind insbesondere Bestimmungen über die Abfindung weichender Erben erforderlich, wobei sich die Abfindungsleistungen nicht am Verkehrswert des Hofes orientieren können, weil der Übernehmer andernfalls finanziell überfordert wäre. |
Gesetze über die Vererbung landwirtschaftlichen Vermögens:
1. |
Badisches Gesetz die geschlossenen Hofgüter betreffend |
2. |
Württembergisches Gesetz über das Anerbenrecht |
3. |
Bremisches Höfegesetz |
4. |
Nordwestdeutsche Höfeordnung (HöfeO) |
5. |
Hessische Landgüterordnung |
6. |
Rheinland-pfälzisches Landesgesetz über die Höfeordnung |
Rz. 6
Findet das Grundstücksverkehrsgesetz Anwendung, so ist zu beachten, dass auch durch eine letztwillige Verfügung von Todes wegen die Genehmigungspflicht nach § 2 GrdstVG nicht umgangen werden kann. § 8 GrdstVG regelt in einem Katalog, welche Rechtsgeschäfte durch die Genehmigungsbehörde genehmigt werden sollen, sofern die genannten Voraussetzungen dafür gegeben sind. Die Genehmigungspflicht kann also auch durch letztwillige Verfügungen von Todes wegen nicht umgangen werden. Zu beachten ist, dass die Einräumung eines Erbbaurechts an einem Grundstück nicht nach § 2 i.V.m § 8 GrdstVG genehmigungspflichtig ist. Dies ermöglicht also die Einräumung eines Erbbaurechts, beispielsweise im Wege eines Vermächtnisses, ohne Genehmigungspflicht.
...