Rz. 1

Am 18.5.2016 verstarb die mit letztem Wohnsitz in Brühl (bei Köln) ansässige Frau Else Erpel unter Hinterlassung eines notariellen Testamentes vom 30.7.2010.[1] Darin wurde Testamentsvollstreckung wie folgt angeordnet:

Zitat

"Ich ordne Testamentsvollstreckung an. Zum Testamentsvollstrecker bestimme ich Walter Wichtig. Er ist von allen Beschränkungen befreit, von denen ein Erblasser den Testamentsvollstrecker befreien kann, auch solchen aus § 181 BGB."

Zur Erbenstellung verfügte sie:

Zitat

"Erben sollen meine vier Kinder zu gleichen Teilen sein."

An anderer Stelle des Testamentes wurden Vermächtnisse ausgesetzt. Dort heißt es u.a.:

Zitat

"Meiner Tochter Ines vermache ich mein Ferienhaus in der Schweiz. In diesem Zusammenhang erteile ich ihr hiermit Vollmacht über den Tod hinaus, den Grundbesitz mit Eintritt des Erbfalls auf sich zu übertragen."

Schließlich legte die Erblasserin fest:

Zitat

"Falls der Wert des einem meiner Erben zugedachten Vermächtnisgegenstandes über dem Wert seines Erbteils liegt, ist er zur Zahlung eines Ausgleichs an den Nachlass verpflichtet."

Abschließend verfügte sie noch:

Zitat

"Sollten sich meine Erben bei der Verteilung der Nachlassgegenstände nicht einigen können, sollen sie sich dem Votum des Testamentsvollstreckers unterwerfen."

 

Rz. 2

Der Testamentsvollstrecker nimmt das Amt an. Zum Stand 18.12.2018 erstellt er eine "vorläufige Abrechnung", die die Wertpapiere und Sparkonten mit dem Wert zum 6.6.2017 ausweist. Zu diesem Stichtag sind auch "Zinsgutschriften" in einer Höhe von 6.229,43 EUR vermerkt.

Die Immobilie in der Schweiz lässt der Testamentsvollstrecker durch einen Sachverständigen bewerten. Dieser kommt auf einen Wert von 600.000 SFr. Das Ferienhaus wird zügig auf Ines übertragen, der Hausrat unter den Miterben einvernehmlich verteilt. Hierüber lässt der Testamentsvollstrecker eine Teilauseinandersetzungsvereinbarung von allen Miterben unterzeichnen. Im Übrigen begleicht der Testamentsvollstrecker die geringfügigen Nachlassverbindlichkeiten.

 

Rz. 3

Am 9.9.2019 legt er einen Teilungsplan vor. Dieser beinhaltet nach Abzug der Passiva einen Überschuss von 1 Mio. EUR. Im Teilungsplan findet sich unter der Position "Zinsgutschriften" ein Betrag von 6.229,43 EUR. Der Wert der an Ines übertragenen Immobilie wird zu dem am Stichtag der Planerstellung geltenden Umrechnungskurs mit 400 TEUR[2] eingestellt. Nach dem Plan soll Ines 150.000 EUR an den Nachlass auskehren, die sodann nach Erbquote verteilt werden sollen.

Der Teilungsplan geht bei Ines am 30.9.2019 zur Stellungnahme ein. Am 14.10.2019 erklärt der Testamentsvollstrecker den Teilungsplan als verbindlich, ohne dass Ines zuvor Stellung genommen hätte.

 

Rz. 4

Da Ines auch in der Folgezeit nicht gewillt ist, den vom Testamentsvollstrecker geforderten Betrag in Höhe von 150.000 EUR zu zahlen, erhebt dieser Klage vor dem Landgericht in Köln auf Zahlung. Im Klageverfahren wendet Ines Folgendes ein:

Der Teilungsplan ist formell unwirksam, weil

das zugrundeliegende Nachlassverzeichnis nicht vom Testamentsvollstrecker unterzeichnet ist,
eine ordnungsgemäße Anhörung der Ines nicht stattgefunden habe.

Der Teilungsplan sei darüber hinaus auch inhaltlich unwirksam, weil

der Hausrat vorab verteilt wurde, was eine unzulässige Teilauseinandersetzung darstelle; die von ihr unterzeichnete Teilauseinandersetzungsvereinbarung fechte sie wegen arglistiger Täuschung an,
der Auseinandersetzungsplan nicht prüffähig sei, weil keine aussagekräftigen Belege beigefügt waren; die angebotene Einsichtnahmemöglichkeit in die Belege bei dem Testamentsvollstrecker genüge nicht,
der Plan offenbar unbillig sei, weil die Bewertung des Schweizer Ferienhauses auf einem Gefälligkeitsgutachten beruhe,
bezüglich des Schweizer Vermögens ein falscher Umrechnungskurs und ein falscher Bewertungszeitpunkt zugrunde gelegt worden sei mit der Folge, dass sich Ines 25 TEUR zu viel anzurechnen lassen habe,
Friedhofskosten dürfen allenfalls mit 5.000 EUR einbezogen werden,
die Testamentsvollstreckervergütung völlig überzogen sei.

Der Testamentsvollstrecker ist der Meinung, subjektive Verständnisschwierigkeiten aufgrund selbst verschuldeter Unwissenheit stellten die Wirksamkeit des Teilungsplanes nicht in Frage. Im Übrigen könne Ines nicht einfach die Zahlung verweigern, sondern müsse selbst auf Feststellung der Unwirksamkeit des Teilungsplanes klagen. Schließlich habe er auf den Hinweis des Gerichts hin den Auseinandersetzungsplan nochmals abgeändert, indem er einen zu Lasten der Ines verbuchten Betrag von 6.800 EUR gestrichen habe.

Wie wird das Gericht entscheiden?

[1] Dieser Fallstudie liegen die Entscheidungen des LG Köln, Urt. v. 29.4.2004 – 22 O 44/02, des OLG Köln, Urt. v. 14.11.2006 – 24 U 83/06, sowie die Anmerkung von Rogler, ErbR 2008, 23 zugrunde. Sachverhalt und Ausführungen in den Entscheidungsgründen wurden abgewandelt, um die Kernproblematik von fehlerhaften Auseinandersetzungsplänen deutlicher darzustellen.
[2] Fiktive Zahl zur Vereinfachung der Fallstudie.

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