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Die Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (EuMahnVO) ermöglicht Gläubigern die schnelle und kostengünstige Beitreibung unbestrittener Forderungen in Zivil- und Handelssachen nach einem einheitlichen Verfahren auf der Grundlage von Formblättern, sofern mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen EU-Mitgliedstaat (mit Ausnahme Dänemarks) als dem des befassten Gerichts hat. Der Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls nach Art. 7 EuMahnVO ist unter Verwendung des Formblatts A gemäß Anhang I entweder in Papierform oder, sofern der Ursprungsmitgliedstaat dies ermöglicht, auf elektronischem Weg einzureichen. Urkunden oder Beweismittel sind dem Antrag nicht beizufügen.
In Deutschland ist das europäische Mahnverfahren in den §§ 1087–1096 ZPO näher geregelt. Nach § 1087 ZPO ist für die Bearbeitung von Anträgen im europäischen Mahnverfahren allein das Amtsgericht Wedding in Berlin (Europäisches Mahngericht Deutschland) zuständig. Sofern die Forderung nicht offensichtlich unbegründet ist (vgl. Art. 8, 11 EuMahnVO), wird der Europäische Zahlungsbefehl erlassen (Art. 12 EuMahnVO) und dem Schuldner zugestellt (vgl. § 1089 ZPO). Der Schuldner kann innerhalb von 30 Tagen nach der Zustellung Einspruch gegen den Zahlungsbefehl einlegen (Art. 16 EuMahnVO). Nach Ablauf der Einspruchsfrist wird der Europäische Zahlungsbefehl nach Art. 18 EuMahnVO unverzüglich für vollstreckbar erklärt und dem Gläubiger als "vollstreckbarer Europäischer Zahlungsbefehl" übersandt. Legt der Schuldner dagegen fristgerecht Einspruch ein, wird das Verfahren nach Art. 17 EuMahnVO vor den Gerichten des Ursprungsstaats weitergeführt, sofern der Gläubiger nicht beantragt hat, das Verfahren in diesem Fall zu beenden (vgl. §§ 1090 f. ZPO).
Ein für vollstreckbar erklärter Zahlungsbefehl wird EU-weit anerkannt und kann ohne weitere Vollstreckbarerklärung zwangsweise durchgesetzt werden, d.h. ein Exequaturverfahren in den anderen EU-Mitgliedstaaten findet nicht statt (Art. 19 EuMahnVO, § 1093 ZPO). Eine Überprüfung des Zahlungsbefehls ist nur in den in Art. 20 EuMahnVO genannten Ausnahmefällen möglich (vgl. § 1092 ZPO); ferner steht ein Rechtsbehelf offen, wenn der Mahnbescheid nicht zugestellt wurde (§ 1092a ZPO). Die Vollstreckung selbst richtet sich nach dem Recht des Vollstreckungsstaats (Art. 21 Abs. 1 EuMahnVO) und kann nur in bestimmten Ausnahmefällen (insbesondere wegen entgegenstehender Rechtskraft einer anderen Entscheidung in gleicher Sache) verweigert, auf Sicherungsmaßnahmen beschränkt oder von der Stellung einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden (vgl. Art. 22, 23 EuMahnVO, § 1096 ZPO).