Rz. 73

Wird die beantragte Verfahrens- oder Prozesskostenhilfe in vollem Umfang bewilligt, geht die im Bewilligungsverfahren verdiente Vergütung in der Vergütung des Hauptsacheverfahrens auf (§ 16 Nr. 2 RVG). Soweit der Anwalt die Vergütung für das Bewilligungsverfahren noch nicht abgerechnet hat, greift mit der Beiordnung die Sperre des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Er kann ab dann seine Vergütung nicht mehr gegen den Auftraggeber geltend machen. Er erhält dann seine Vergütung aus der Staatskasse, allerdings aus den geringeren Beträgen des § 49 RVG. Die weiter gehende Vergütung kann er dann nur im Rahmen des § 50 RVG geltend machen oder gegebenenfalls im Wege der Kostenerstattung nach § 126 ZPO.

 

Beispiel 43: Uneingeschränkte Prozesskostenhilfebewilligung, Durchführung des Rechtsstreits

Der Anwalt wird von der bedürftigen Partei beauftragt, für eine beabsichtigte Klage in Höhe von 5.000,00 EUR Prozesskostenhilfe zu beantragen. Das Gericht ordnet einen Termin im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren an und bewilligt nach mündlicher Verhandlung im Prüfungsverfahren Prozesskostenhilfe. Der Anwalt wird daraufhin beauftragt, die Klage einzureichen, über die dann anschließend auch verhandelt wird.

Im Prüfungsverfahren sind nach den Beträgen des § 13 RVG die Gebühren aus 5.000,00 EUR angefallen. Aus der Landeskasse erhält der Anwalt die Gebühren dagegen nur aus den Beträgen des § 49 RVG. Die Gegenstandswerte von Hauptsache und Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfeverfahren werden nicht zusammengerechnet (§ 23a Abs. 2 RVG).

Hatte der Auftraggeber die Vergütung für das Prozess- oder Verfahrenskostenhilfeverfahren bereits bezahlt, darf der Anwalt diese behalten. Er muss sie sich dann nach § 58 RVG auf die Vergütung aus der Landeskasse anrechnen lassen.

Hatte der Auftraggeber die Vergütung für das Prozess- oder Verfahrenskostenhilfeverfahren noch nicht bezahlt, darf er jetzt den Auftraggeber wegen § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht mehr in Anspruch nehmen.

 
I. Im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren hatte der Anwalt verdient:
1. 1,0-Verfahrensgebühr, Nrn. 3335, 3100 VV, § 13 RVG   334,00 EUR
  (Wert: 5.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Vorbem. 3.3.6 S. 2   400,80 EUR
  i.V.m. Nr. 3104 VV, § 13 RVG    
  (Wert: 5.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 754,80 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   143,41 EUR
Gesamt   898,21 EUR
II. Hatte der Anwalt diese Vergütung (I.) vom Mandanten nicht erhalten, darf er sie nach Bewilligung nicht mehr einfordern. Er erhält stattdessen aus der Landeskasse folgende Vergütung:
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 49 RVG   369,20 EUR
  (Wert: 5.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 49 RVG   340,80 EUR
  (Wert: 5.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 730,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   138,70 EUR
Gesamt   868,70 EUR

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