Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
Rz. 72
Der logische Schritt nach der Durchführung des ersetzenden Scannens ist die Vernichtung der Originaldokumente. Dies ist nicht für alle Dokumente zulässig. Neben dem digitalen Dokument, das z.B. in die elektronische Akte fließen kann, wird parallel ein Papierarchiv, in dem das Originaldokument für die Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar gehalten wird, angelegt. Dokumente, die an den Eigentümer zurückgegeben werden können oder müssen, werden davon ausgenommen. Die Rückgabe erfolgt unmittelbar nach dem Scanvorgang. Das Papierarchiv wird mit diesen Originalen somit nicht belastet.
Rz. 73
Originaldokumente, die den Verdacht nahelegen, verfälscht zu sein, sollten ebenfalls nicht vernichtet werden. Ob ein Dokument unverfälscht ist oder nicht, kann naturgemäß nur am Original überprüft werden. Die Aufbewahrungsdauer dieser Dokumente richtet sich nach der individuellen Erfahrung des Verantwortungsträgers in der Kanzlei, der einschätzen muss, wie lange derartige Dokumente gerichtsrelevant sein könnten.
Rz. 74
Grundsätzlich sollten keine Originaldokumente vernichtet werden, die noch benötigt werden könnten, um Ansprüche oder Rechte nachzuweisen oder um ungerechtfertigte Ansprüche abwehren zu können. In der Verfahrensanweisung sollten der Entscheidungsträger und dessen Stellvertreter benannt sein, die die endgültige Vernichtung anordnen können. Die Beachtung der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen sowie der Verjährungsfristen versteht sich von selbst.
Rz. 75
Alle zur Vernichtung bestimmten Dokumente werden idealerweise gesammelt und nach einer bestimmten Frist gemeinsam vernichtet. Dabei sollte der Fristzeitraum bis zur Vernichtung so gewählt werden, dass ein trotz Kontrolle fehlerhafter Scanprozess noch einmal wiederholt werden könnte. Fehlerhaft eingescannte Dokumente werden, wenn sie zu einem aktuellen Mandat gehören, relativ bald bei der Bearbeitung des Mandats als fehlerhaft auffallen und können dann nochmals eingescannt werden. Als Richtzeit können hier sechs Monate angenommen werden. Dies muss aber für jede Kanzlei individuell bestimmt und in der Verfahrensanweisung hinterlegt werden. Originaldokumente sind aus datenschutzrechtlichen Gründen immer so zu vernichten, dass sie auf Dauer unlesbar bleiben.
Rz. 76
Eine Übersicht über die sich in den verschiedenen Scanphasen ergebenden Probleme, Risiken und Lösungsansätze finden Sie in der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie herausgegebenen Dokumentation 571.
Rz. 77
Zum 1.1.2018 sind durch das ERV-Gesetz weitere wichtige Änderungen diesbezüglich in Kraft getreten.
Rz. 78
§ 298 ZPO wurde wie folgt gefasst [Hervorhebungen durch die Verfasser]:
Zitat
§ 298 ZPO Aktenausdruck
"(1) Werden die Akten in Papierform geführt, ist von einem elektronischen Dokument ein Ausdruck für die Akten zu fertigen. Kann dies bei Anlagen zu vorbereitenden Schriftsätzen nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erfolgen, so kann ein Ausdruck unterbleiben. Die Daten sind in diesem Fall dauerhaft zu speichern; der Speicherort ist aktenkundig zu machen."
(2) Wird das elektronische Dokument auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht, so ist dies aktenkundig zu machen.
(3) Ist das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen und nicht auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht, muss der Ausdruck einen Vermerk darüber enthalten,
1. |
welches Ergebnis die Integritätsprüfung des Dokumentes ausweist, |
2. |
wen die Signaturprüfung als Inhaber der Signatur ausweist, |
3. |
welchen Zeitpunkt die Signaturprüfung für die Anbringung der Signatur ausweist. |
(4) Ein eingereichtes elektronisches Dokument kann nach Ablauf von sechs Monaten gelöscht werden.“
Rz. 79
§ 298a ZPO regelt die Führung einer elektronischen Akte in Zivilsachen:
Zitat
"(1) 1Die Prozessakten können elektronisch geführt werden. 2Die Bundesregierung und die Landesregierungen bestimmen für ihren Bereich durch Rechtsverordnung den Zeitpunkt, von dem an elektronische Akten geführt werden sowie die hierfür geltenden organisatorisch-technischen Rahmenbedingungen für die Bildung, Führung und Aufbewahrung der elektronischen Akten. 3Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. 4Die Zulassung der elektronischen Akte kann auf einzelne Gerichte oder Verfahren beschränkt werden; wird von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, kann in der Rechtsverordnung bestimmt werden, dass durch Verwaltungsvorschrift, die öffentlich bekanntzumachen ist, geregelt wird, in welchen Verfahren die Akten elektronisch zu führen sind."
(1a) 1Die Prozessakten werden ab dem 1.1.2026 elektronisch geführt. 2Die Bundesregierung und die Landesregierungen bestimmen jeweils für ihren Bereich durch Rechtsverordnung die organisatorischen und dem Stand der Technik entsprechenden technischen Rahmenbedingungen für die Bildung, Führung und Aufbewahrung der elektronischen Akten einschließlich der einzuhaltenden Anforderungen der Barrierefreiheit. 3Die Bundesregierung und ...