Rz. 47

Früher verlangte die Rechtsprechung grundsätzlich Feststellungen zur Dauer der Gelbphase, der zulässigen und der vom Betroffenen eingehaltenen Geschwindigkeit sowie Angaben dazu, wie weit er noch von der Ampel entfernt war, als diese von Grün auf Gelb bzw. auf Rot umsprang. So jetzt noch das OLG Brandenburg (DAR 2004, 658) und, zumindest, wenn der Rotlichtverstoß nicht auf einer technischen Messung mittels eines geeichten Gerätes beruht, auch das KG (DAR 2005, 634) und das OLG Hamm (NZV 2004, 156).

 

Rz. 48

Ein Großteil der obergerichtlichen Rechtsprechung wendet auch auf Rotlichtmessungen die vom BGH zu Geschwindigkeitsüberschreitungen entwickelte Rechtsprechung zu standardisierten Messverfahren an und verzichtet, unter der Voraussetzung, dass ein anerkanntes Messgerät eingesetzt worden ist, auch bei Rotlichtverstößen auf detaillierte Urteilsfeststellungen, zumal man bei innerorts begangenen Verstößen davon ausgehen können soll, dass die Gelbphase mindestens 3 Sekunden gedauert hat (OLG Bamberg zfs 2014, 411; OLG Schleswig zfs 2014, 413; KG DAR 2016, 214).

Danach genügt also auch bei Rotlichtverstößen die Mitteilung der Messmethode, der angewandten Toleranzen (OLG Bremen DAR 2002, 225; OLG Düsseldorf DAR 2003, 86) sowie der Netto-Rotlichtzeit (OLG Bremen NZV 2010, 42).

 

Rz. 49

 

Achtung: Zusätzliche Feststellung

Das OLG Frankfurt (NZV 2008, 588) und das OLG Bremen (NZV 2010, 42) verlangen darüber hinaus noch die Feststellung, dass der Betroffene tatsächlich auch in den geschützten Bereich (siehe Rdn 6) eingefahren ist und das OLG Karlsruhe (DAR 2009, 157) zusätzlich noch die Feststellung, dass der Betroffene nach Aufleuchten des Gelblichtes sein Fahrzeug hätte gefahrlos vor der Ampel noch zum Stehen bringen können.

 

Rz. 50

 

Achtung: Qualifizierter Verstoß

Bei qualifizierten Rotlichtverstößen gelten nach allgemeiner Meinung ungleich höhere Anforderungen. Dort muss nämlich das Urteil dem Revisionsgericht immer die Prüfung ermöglichen, ob wegen einer besonderen Verkehrssituation nicht lediglich ein "einfacher" Rotlichtverstoß vorgelegen hat, bei dem ein Fahrverbot nicht hätte verhängt werden dürfen (OLG Dresden DAR 2003, 181; OLG Stuttgart zfs 2004, 430; OLG Hamm NZV 2008, 309; OLG Karlsruhe DAR 2009, 157; OLG Bremen NZV 2010, 42)."

Deshalb müssen hier die Anknüpfungstatsachen dargestellt werden, aus denen sich die Qualifizierung ergibt, z.B. mitgeteilt werden, wie weit der Betroffene bei Rotlichtbeginn noch von der Ampel entfernt war (KG DAR 2005, 634; OLG Karlsruhe DAR 2009, 157), bei der Verwendung des Traphi-Phot-III-Messverfahrens muss neben der Lage der Induktionsschleife im Bezug zur Haltelinie auch die sich aus der Differenz zwischen Überfahren der ersten und der zweiten Induktionsschleife errechnete Netto-Rotlichtzeit mitgeteilt werden (OLG Dresden DAR 2002, 82).

 

Rz. 51

Besonders hohe Anforderungen werden an die Urteilsbegründung gestellt, wenn ein Zeuge den Rotlichtverstoß festgestellt haben will. Dann muss der Tatrichter die vom Zeugen angewandte Messmethode im Urteil genauestens darstellen und sie hinsichtlich ihrer Beweiskraft bewerten (OLG Hamm zfs 2008, 111; OLG Köln zfs 2012, 292). Außerdem muss er sowohl die Zeugenaussage wie auch die Einlassung des Betroffenen im Urteil wiedergeben (OLG Düsseldorf DAR 2003, 86). Selbstverständlich ist auch in diesen Fällen die Angabe von Tatort und Tatzeit unverzichtbar (OLG Düsseldorf DAR 1999, 275).

Eine Vorsatzverurteilung setzt neben Feststellungen zu Entfernungen und Zeiten insbesondere auch Angaben dazu voraus, dass der Betroffene überhaupt in der Lage war, noch rechtzeitig anzuhalten (KG NZV 2016, 442).

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