Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 86
Das FamFG hat die Bedeutung des Verfahrensbeistandes gestärkt und in § 158 FamFG die Voraussetzungen für eine Bestellung umfassend geregelt.
Praxistipp:
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In der Praxis muss daher immer damit gerechnet werden, dass das Gericht sofort zu Beginn des Verfahrens einen Verfahrensbeistand bestellt. Die Kosten des Verfahrensbeistandes sind damit bereits ausgelöst (zum Kostenrisiko siehe unten Rdn 87). |
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Eine erforderliche Bestellung des Verfahrensbeistandes muss so frühzeitig (§ 158 Abs. 3 S. 1 FamFG) erfolgen, dass dieser noch auf das Verfahren Einfluss nehmen kann. |
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Sieht das Gericht davon ab, besteht später das Risiko, dass von einem Beteiligten, der mit der gerichtlichen Entscheidung nicht einverstanden ist, ein Verfahrensfehler gerügt wird und das OLG dies zum Anlass nimmt, die erstinstanzliche Entscheidung aufzuheben und zurückzuverweisen. |
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Damit ist aber in der Sache nichts gewonnen, denn eine bestandskräftige inhaltliche Entscheidung steht damit immer noch aus. |
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Daher sollte ggf. auch der Verfahrensbevollmächtigte darauf dringen, dass ein Verfahrensbeistand bestellt wird, um dem Gegner diese lediglich zeitverzögernde Verfahrensrügemöglichkeit zu nehmen. |
Die Bestellung des Verfahrensbeistandes löst nicht unbeträchtliche Kosten aus, die i.d.R. letztlich von den Eltern als Verfahrensbeteiligten betragen werden müssen.
Rz. 87
Zwar regelt die Vorschrift des § 158 Abs. 7 Satz 5 FamFG, dass Aufwendungsersatz und Vergütung des Verfahrensbeistandes stets aus der Staatskasse zu zahlen sind. Dies bedeutet aber nur, dass die Beteiligten keine Vorschüsse zu zahlen haben, sondern diese Kosten zunächst von der Staatskasse aufgebracht werden. Die Norm regelt damit nur den unmittelbaren Vergütungsanspruch des Beistandes gegen die Staatskasse. Sie verleitet aber zu der Annahme, die Beteiligten hätten mit den Kosten des Verfahrensbeistandes nichts zu tun. Die Justiz kann und wird aber diese vom Verfahrensbeistand abgerechneten Kosten gem. §§ 1 S. 1, 21 ff. FamGKG vom Kostenschuldner zurückfordern.
Rz. 88
Praxistipp:
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In der Praxis wird den Mehrkosten, die durch die Bestellung eines Verfahrensbeistandes für die Beteiligten ausgelöst werden, noch zu wenig Beachtung beigemessen. |
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Über die Kosten des Verfahrens entscheidet das Gericht gem. § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG nach billigem Ermessen. In Kindschaftsverfahren werden selten die Kosten einem Elternteil alleine auferlegt (dazu siehe Rdn 94). Daher sind beide Eltern unabhängig von ihrer Rolle als Antragsteller oder Antragsgegner Kostenschuldner – in aller Regel zu 50 %. |
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Dementsprechend haben letztlich beide Elternteile die Hälfte der Kosten des Verfahrensbeistandes zu tragen. |
Rz. 89
Zur Veranschaulichung des Kostenrisikos folgende Übersicht:
Geht man von der vielfach entstehenden erhöhten Gebühr des § 158c FamFG in Höhe von 550 EUR aus, entstehen folgende von den Beteiligten anteilig zu erstattende Auslagen:
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1 Kind |
2 Kinder |
3 Kinder |
Erstes Verfahren |
550 |
1.100 |
1.650 |
Zweites Verfahren oder zweite Instanz |
1.100 |
2.200 |
3.300 |
Drittes Verfahren oder zweite Instanz |
1.650 |
3.300 |
4.950 |
Rz. 90
Wird ein Verfahren eingeleitet, sind bei 3 Kindern 1.650 EUR zu erstatten. Kommt eine einstweilige Anordnung hinzu, fallen 3.300 EUR an. Wird in der Hauptsache noch ein Rechtsmittelverfahren durchgeführt, erhöhen sich die Auslagen auf 4.950 EUR.
Rz. 91
Wird nur die Pauschalgebühr gem. § 158c Abs. 1 Satz 2 FamFG von 350 EUR angesetzt, sieht die Berechnung so aus:
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1 Kind |
2 Kinder |
3 Kinder |
Erstes Verfahren |
350 |
700 |
1.050 |
Zweites Verfahren oder zweite Instanz |
700 |
1.400 |
2.100 |
Drittes Verfahren oder zweite Instanz |
1.050 |
2.100 |
3.150 |
Rz. 92
Praxistipp:
Diese kostenrechtlichen Risiken sollten vor der Einleitung gerichtlicher Verfahren zum Sorge- und Umgangsrecht bedacht und den Mandanten immer deutlich gemacht werden.
Gerade unter diesem kostenrechtlichen Aspekt sollte immer sorgfältig geprüft werden
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ob ein Antrag auf eine einstweilige Anordnung und ein Antrag zur Hauptsache gestellt werden soll und |
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ob nicht vor Einleitung eines gerichtlichen Umgangsverfahrens erst einmal der – kostenlose – Versuch unternommen werden sollte, das Jugendamt zur Vermittlung einzuschalten |
Rz. 93
Vielfach die Notwendigkeit einer vorherigen Beteiligung des Jugendamtes in Rechtsprechung und Literatur nur unter dem Blickwinkel der Mutwilligkeit bei einem entsprechenden Antrag auf Verfahrenskostenhilfebewilligung diskutiert, ohne diesem Kostenrisiko besondere Bedeutung zu geben.