Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 181
Sorgerechtsverfahren haben zwar eine erhebliche Bedeutung für die Eltern des Kindes, dennoch sind auch hier hinreichende Erfolgsaussichten des konkret verfolgten Begehrens zu prüfen. Folglich ist ein Bedürfnis an einer gerichtlichen Regelung des begehrten Inhaltes zwingende Voraussetzung für die Erfolgsaussichten eines gestellten Antrags.
Rz. 182
Teilweise wird sehr weitgehend angenommen, die hinreichende Aussicht auf Erfolg für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe in einem auf reinen Verfahrensantrag einzuleitenden und vom Amtsermittlungsgrundsatz (§ 26 FamFG) beherrschten Verfahren sei bereits dann gegeben, wenn das Familiengericht aufgrund des eingeleiteten Verfahrens den Sachverhalt zu ermitteln hat, ggfs. eine Regelung treffen muss und sich nicht darauf beschränken kann, den Antrag ohne Weiteres, also ohne jede Ermittlung und ohne jede Anhörung der Beteiligten, zurückzuweisen. So dürften die Erfolgsaussicht nicht danach beurteilt werden, ob der Vortrag des Beteiligten geeignet ist, das von ihm angestrebte Verfahrensergebnis zu erreichen. Verfahrenskostenhilfe sei vielmehr schon dann zu bewilligen, wenn der Verfahrensgegenstand einen ernsthaften Anlass zu eingehender Überprüfung erkennen lässt und zu erwarten ist, der Beteiligte werde Tatsachenschilderungen und Rechtsansichten vortragen können, um seine Rechte geltend zu machen. Der Erfolg der Rechtsverfolgung (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO) in Kindschaftssachen liege nicht in der Aussicht, die beantragte Regelung durchzusetzen oder eine hoheitliche Maßnahme abzuwenden, sondern in der Erwartung, der Beteiligte werde Tatsachen oder Rechtsmeinungen vortragen können, die bei der Prüfung der Regelungs- und Eingriffsvoraussetzungen und bei der Ausübung des Auswahlermessens zu berücksichtigen sein werden, in die die Rechte und Interessen sowohl beider Eltern als auch des Kindes einzustellen sind.
Rz. 183
Daraus würde sich allerdings eine Art "Automatismus der Verfahrenskostenhilfe-Bewilligung nach Antragstellung" ergeben, der im Gesetz nicht vorgesehen ist und auch nicht die Belastung für Eltern Und Kind berücksichtigt, die durch ein eingeleitetes, aber erkennbar erfolgloses Sorgerechtsverfahren verursacht werden.
Rz. 184
Das Gesetz sieht jedoch keinen solchen Automatismus der VKH-Bewilligung allein aufgrund der Antragsstellung vor. Daher ist die Ansicht, dass VKH allein deshalb zu bewilligen sei, weil der Antragsteller in dem Verfahren seine Lage verbessern könnte, abzulehnen. Vielmehr ist auf die Begründung des verfahrenseinleitenden Antrags abzustellen und zu prüfen, ob sich daraus das vom antragstellenden Beteiligten gewünschte Ergebnis ableiten lässt.
Zu den mit der Verfahrenseinleitung ausgelösten Kostenrisiken siehe Rdn 86 ff.
Rz. 185
An einem Regelungsbedürfnis fehlt es, wenn in einem Aufenthaltsbestimmungsverfahren der andere Elternteil bereits vor Verfahrensbeginn sein Einverständnis mit der bestehenden Regelung erklärt hat. Will daher ein Elternteil z.B. anstelle der bislang bestehenden gemeinsamen elterlichen Sorge das alleinige Sorgerecht, muss zur Begründung des Antrags auf Verfahrenskostenhilfe die fehlende Kooperationsbereitschaft substantiiert dargetan werden. Noch strengere Voraussetzungen müssen gelten, wenn bei langjährig bestehender Alleinsorge der Antragssteller seinerseits die Übertragung des alleinigen Sorgerechts begehrt. Lediglich der pauschal vorgetragene Wunsch, jetzt Sorgerechtsinhaber zu werden, reicht nicht aus, um ein gerichtliches Verfahren einzuleiten, bei dem in aller Regel auch der andere Elternteil mit Kosten belastet wird (vgl. § 81 FamFG). Vielmehr müssen Gründe substantiiert vorgetragen werden, die für einen Sorgerechtswechsel sprechen. In Fällen des § 1696 BGB (Änderung einer bestehenden gerichtlichen Regelung) müssen zudem bereits im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren triftige, das Wohl des Kindes nachhaltig berührende Gründe vorgetragen werden.