Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 116
Grundsätzlich bestehen hierbei verschiedene Möglichkeiten, um Rechtsschutz zu erlangen:
1. |
nur Antrag auf einstweilige Anordnung, |
2. |
gleichzeitige Anträge auf einstweilige Anordnung und im Hauptsacheverfahren, |
3. |
zuerst Antrag nur auf einstweilige Anordnung, danach Einleitung des Hauptsacheverfahrens, |
4. |
zunächst Einleitung des Hauptsacheverfahrens, danach Antrag auf einstweilige Anordnung. |
aa) einstweilige Anordnung neben dem Hauptsacheverfahren
Rz. 117
Alleine der Umstand, dass ein Hauptsacheverfahren dem Vorrang- und Beschleunigungsgebot des § 155 FamFG unterliegt, lässt ein dringendes Bedürfnis im Sinne dieser Norm noch nicht entfallen und macht ein Eilverfahren in Sorge- und Umgangssachen nicht per se entbehrlich. Allerdings ist ein besonderes Eilbedürfnis erforderlich, das ein Zuwarten auf eine in einem beschleunigten Hauptsacheverfahren ergehende Entscheidung unzumutbar erscheinen lässt, da mit dem Abwarten es Hauptsacheverfahrens erhebliche Nachteile verbunden wären. Der Gesetzgeber hat einen solchen Nachteil in § 156 Abs. 3 konkretisiert: In Umgangsrechtsachen soll das Familiengericht eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn es eine Beratung oder Begutachtung anordnet (§ 156 Abs. 3 Satz 2 FamFG).
Rz. 118
Im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe kann daher auch ein Hauptsacheantrag als mutwillig bewertet werden, wenn zeitgleich ein Antrag im Verfahren der einstweiligen Anordnung gestellt worden ist.
Praxistipp:
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Dabei ergeben sich noch Unterschiede zwischen Verfahren zum Umgangsrecht und zur elterlichen Sorge. |
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Denn die Schwelle, einem Elternteil das Sorgerecht zu entziehen und dem anderen Elternteil das alleinige Sorgerecht zu übertragen, liegt noch deutlich höher als bei einer Umgangsregelung zwischen den Eltern. |
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Eine Umgangsregelung kann daher noch eher im summarischen Verfahren der einstweiligen Anordnung erreicht werden als eine Sorgerechtsregelung. |
bb) Verfahrenskostenhilfe bei gleichzeitiger einstweiliger Anordnung und Hauptsache?
Rz. 119
Entscheidende Frage ist, ob ein Beteiligter, der die Kosten selbst zu tragen hätte, auch diesen Weg gehen und gleichzeitig beide Verfahren einleiten würde.
Rz. 120
Praxistipp:
Zudem ist in Kindschaftsverfahren das doppelte Kostenrisiko zu bedenken, dass durch die Bestellung eines Verfahrensbeistandes in beiden Verfahren ausgelöst wird. Denn wird einem Kind sowohl im Hauptsacheverfahren als auch im parallel geführten einstweiligen Anordnungsverfahren ein Verfahrensbeistand bestellt, so fällt in jedem dieser Verfahren die Vergütung nach Maßgabe von § 158 Abs. 7 FamFG an, ohne dass eine Anrechnung der einen Vergütung auf die andere in Betracht kommt.