Rz. 87
Die Erbengemeinschaft ist grunderwerbsteuerlich eine selbstständige Rechtsperson. Dies ergibt sich bereits aus § 6 GrEStG, denn nur wenn die Gesamthand als Rechtsperson angesehen wird, kann ein grunderwerbsteuerlich relevanter Vorgang zwischen ihr und ihren Mitgliedern überhaupt entstehen. Die Erbengemeinschaft ist Gesamthand.
Rz. 88
Grundstücksübertragungen zur Teilung des Nachlasses sind gem. § 3 Nr. 3 GrEStG steuerfrei. Voraussetzung hierfür ist, dass das Grundstück noch Bestandteil des Nachlasses ist. An dieser Voraussetzung fehlt es, wenn sich die Miterben bereits teilweise dadurch über das Grundstück auseinandergesetzt haben, dass das Gesamthandeigentum in Bruchteilseigentum umgewandelt wurde. Die vollständige Teilung des Nachlasses durch die Grundstücksübertragung ist hingegen nicht erforderlich. Es reicht aus, wenn die Grundstücksübertragung eine Maßnahme im Hinblick auf die (spätere) vollständige Teilung des Nachlasses darstellt. Auch die Übertragung eines Grundstückes auf die Kinder eines Miterben im Rahmen der Teilung des Nachlasses bleibt gem. § 3 Nr. 2 S. 1 bzw. Nr. 6 S. 1 GrEStG steuerfrei, weil insoweit nur ein abgekürzter Übertragungsweg vorliegt, dessen einzelne Übertragungsschritte jeweils ebenfalls steuerfrei wären.
Rz. 89
Die häufig verwendete Methode der Teilerbauseinandersetzung durch Überführung von Grundstücken des Nachlasses in eine personenidentische Personengesellschaft oder in mehrere personenidentische Personengesellschaften wäre durch Wirksamwerden des MoPeG am 1.1.2024 grunderwerbsteuerpflichtig geworden, weil die rechtsfähige Personengesellschaft keine Gesamthand mehr darstellt und somit § 6 Abs. 3 S. 1 GrEStG keine Anwendung mehr gefunden hätte. Der Gesetzgeber hat dieses Problem zumindest bis zum 31.12.2026 durch Art. 29 des Gesetzes zur Förderung geordneter Kreditzweitmärkte und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2167 über Kreditdienstleister und Kreditkäufer sowie zur Änderung weiterer finanzrechtlicher Bestimmungen (Kreditzweitmarktförderungsgesetz) gelöst. Ab dem 1.1.2027 ist die Rechtslage derzeit noch offen. Es wird davon ausgegangen, dass bis zu diesem Zeitpunkt das GrEStG grundlegend überarbeitet wird.
Rz. 90
Keine Maßnahme zur Teilung des Nachlasses in diesem Sinne stellt die Übertragung eines Grundstückes an Erfüllung statt zur Befriedigung von Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsansprüchen dar, sodass insoweit die Steuerbefreiung ausscheidet. Wird jedoch der Pflichtteilsanspruch nicht erfüllt, sondern dem Pflichtteilsberechtigten einvernehmlich eine Abfindung gezahlt, kann die Steuerfreiheit erreicht werden, indem als Abfindung das Grundstück aus dem Nachlass auf den abgefundenen Pflichtteilsberechtigten übertragen wird. Es handelt sich in diesem Fall um einen Erwerb von Todes wegen gem. § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG, der gem. § 3 Nr. 2 GrEStG von der Grunderwerbsteuer ausgenommen ist.
Rz. 91
Unerheblich für die Steuerbefreiung ist es hingegen, ob das übertragene Grundstück bereits ursprünglich zum Nachlass gehörte oder erst durch Surrogation in den Nachlass gelangt ist.
Rz. 92
Die Umwandlung des Gesamthandeigentums der Miterben an einem Grundstück in quotengleiches Bruchteilseigentum ist gem. § 6 Abs. 1 GrEStG unabhängig von der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft steuerfrei.
Rz. 93
Durch § 22 Abs. 1 GrEStG wird die Eintragung des Erwerbers im Grundbuch so lange verhindert, bis er eine steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung vorlegt (Grundbuchsperre). Die Finanzverwaltung hält, u.a. in Fällen der Eintragung der Miterben in das Grundbuch, diese Sperre für unverhältnismäßig, sodass es der Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung nur dann bedarf, und deshalb von der Finanzverwaltung eine solche nur dann ausgestellt wird, wenn das Grundbuchamt die Bescheinigung (ausnahmsweise) verlangt.