Rz. 75
Um die Zielsetzungen insbesondere der Beweissicherung und Vermögensabschöpfung zu erreichen, kann der Berater (auch wenn er keinen unmittelbaren Einfluss auf die Art und Weise der Durchführung der Ermittlungen hat) durch Anregungen versuchen, Einfluss auf die Ermittlungen zu nehmen. Hierbei wird regelmäßig die Erwirkung eines Durchsuchungsbeschlusses dem Interesse des Mandanten entsprechen, da hierdurch Beweismittel auch für das zivilrechtliche Verfahren zum Vorschein gebracht werden können. Insbesondere sind auch Bankauskünfte nur auf diesem Weg oft zu erlangen. Die Risiken eines Zivilprozesses lassen sich so regelmäßig besser einschätzen.
Voraussetzung für den Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses ist ein einfacher Tatverdacht. Dies ist deshalb für Mandanten oft überraschend, weil es sich regelmäßig um einen erheblichen Grundrechtseingriff handelt. Auch vor diesem Hintergrund sind die neuerdings festzustellenden Begrenzungsversuche des Bundesverfassungsgerichts zu sehen, das zur Frage der Verhältnismäßigkeit und zum notwendigen Tatsachensubstrat zur Begründung des Tatverdachts zuletzt mehrfach öffentlichkeitswirksam Stellung nehmen musste. Hierbei rügt das Gericht die Ermittlungsgerichte, die allzu schnell von Vermutungen auf einen Anfangsverdacht schließen. Allerdings ist ebenfalls anerkannt, dass aufgrund der geringen Anforderungen an den Verdacht, beispielsweise in § 102 StPO (Durchsuchung), anzunehmen ist, dass der anordnende Richter nicht den Wahrheitsgehalt der ihm von der Polizei übermittelten Tatsachen überprüfen muss, wenn er keine Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit hat. Vielmehr genüge aufgrund des festgestellten Anfangsverdachts die Annahme, dass die Durchsuchung ihren Zweck erreichen werde.
Entscheidend ist, ob im Rahmen der Durchsuchung zu erwarten steht, neue verfahrensrelevante Beweismittel zu finden. Hierbei wird eine ausführliche (Vor-)Korrespondenz zwischen den Parteien eher hinderlich sein. Je eher der spätere Beschuldigte die Vorwürfe mit strafrechtlichem Gehalt kannte und je länger der Anzeigenerstatter mit der Strafanzeige gewartet hat, desto unwahrscheinlicher wird der Erfolg einer Durchsuchung. Die Neigung der Ermittlungsbehörden wird in einem solchen Fall deutlich geringer sein, einen Durchsuchungsbeschluss zu erwirken. Aufgabe des Beraters ist in einem solchen Fall, die Gründe für die Annahme, dass Beweismittel beim beschuldigten Miterben zu finden sein werden, möglichst genau darzulegen.
Rz. 76
Muster 23.1: Anregung auf Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses
Muster 23.1: Anregung auf Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses
Staatsanwaltschaft Berlin
10548 Berlin
In der Strafsache
gegen _________________________
Az. _________________________
rege ich an, gem. §§ 102, 103, 105 StPO
einen Durchsuchungsbeschluss gegen den Beschuldigten X und seine Lebensgefährtin Y zu erwirken.
Begründung:
Die Durchsuchung in den Wohn- und Geschäftsräumen des Beschuldigten wird zum Auffinden von Beweismitteln, insbesondere handschriftlichem Schriftmaterial, führen. Letzteres ist für die Durchführung eines Schriftsachverständigengutachtens zwingend erforderlich, da nur so eine unverstellte und typische Handschrift des Beschuldigten ermittelbar ist. Der Beschuldigte kennt bislang die von dem Anzeigeerstatter erhobenen Vorwürfe nicht, so dass im Übrigen von einer Vernichtung von tatrelevanten Unterlagen (wie Schriftübungen und Ähnlichem) nicht auszugehen ist. Die Angelegenheit ist eilbedürftig, weil der Beschuldigte bereits einen Erbschein beantragt hat, der ihm noch nicht erteilt wurde. In Kürze müssen deshalb im Erbscheinsverfahren die im hiesigen Verfahren erhobenen Vorwürfe mitgeteilt werden, so dass der Beschuldigte sonach reagieren könnte.
_________________________
Rechtsanwalt
Rz. 77
Während vor dem 1.7.2017 die sogenannte Rückgewinnungshilfe (Vermögensabschöpfung bei den Tätern zur Sicherung einer Entschädigung der Opfer) zwar zum Ziel von Ermittlungsverfahren erklärt wurde, aber relativ unhandlich gestaltet war, ist der Gesetzgeber nunmehr (mit Wirkung zum 1.7.2017) zu einer deutlich einfacheren Regelung gelangt. Dieses Ziel der Gesetzesnovelle wurde sicherlich erreicht, so dass Strafanzeigen in der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft auch wegen der ggfs. im Wege des Arrestes erfolgten vorläufigen Vermögensabschöpfung beim Täter im Interesse eines geschädigten Miterben liegen können. Denn nach den §§ 111b ff. StPO n.F. und den §§ 73 ff. StGB n.F. sind die auch zugunsten des geschädigten Miterben möglichen Beschlagnahmen von Gegenständen oder Forderungen einfacher möglich. Bedeutsam ist insofern insbesondere § 111b StPO, wonach dann, wenn dringende Gründe für die Annahme vorliegen, dass später eine Einziehung erfolgen kann, die Beschlagnahme angeordnet werden soll. Die Staatsanwaltschaft soll somit dann, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit für die spätere Einziehung besteht, Gegenstände und Vermögenswerte beschlagnahmen und damit mittelbar die spätere Rückgewinnungshilfe ermöglic...