Dr. iur. Artur-Konrad Wypych
Rz. 54
Zunächst ergibt sich aus dem Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Stoffen (ChemG), welche Stoffe – auch als Arbeitsstoffe – als gefährlich anzusehen sind (§ 3a ChemG i.V.m. § 3 Abs. 1 GefStoffV). Dafür sind vor allem Eigenschaften wie giftig, ätzend, reizend, explosionsgefährlich, entzündlich, krebserzeugend, fruchtschädigend, erbgutverändernd oder andere chronisch schädigende Eigenschaften maßgebend. Die konkreten Anforderungen an den Schutz der Arbeitnehmer im Umgang mit gefährlichen Stoffen ergeben sich aus den Ausführungsvorschriften zum ChemG, insb. aus der Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen – Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) die zurzeit i.d.F. vom 1.10.2021 gilt. Zur Ausführung gibt es Technische Richtlinien (TRGS, siehe dazu ausführlich Rdn 70).
Rz. 55
Aus der GefStoffV ergibt sich eine Vielzahl von Pflichten für den Arbeitgeber, in dessen Betrieb mit Gefahrstoffen umgegangen wird, insbesondere:
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Führung eines Verzeichnisses der im Betrieb verwendeten Gefahrstoffe, das Gefahrstoffkataster (§ 6 Abs. 12), soweit diese nach der durchgeführten Gefährdungsbeurteilung (s.u.) nicht nur zu einer geringen Gefährdung führen; mit Hinweis auf das Sicherheitsdatenblatt für den jeweiligen Stoff und zugänglich für alle Beschäftigten und den Betriebsrat. Wichtig ist, dass seit dem Inkrafttreten der CLP-VO 2009 die bisher 15 "Gefährlichkeitsmerkmale" eines Stoffes durch 28 "Gefahrklassen" ersetzt wurden. Ebenso wurden die sog. "R- und S-Sätze" (Risiko- und Sicherheitssätze) durch "Gefahrenhinweise" (H-Kennzeichnung) und "Sicherheitshinweise" (P-Kennzeichnung) abgelöst. Gefahrstoffe müssen seit Dezember 2012 entsprechend der CLP-VO gekennzeichnet sein, Zubereitungen seit 1.6.2015. |
Rz. 56
Muster 23.1: Gefahrstoffkataster
Muster 23.1: Gefahrstoffkataster
Das Gefahrstoffkataster sollte mindestens folgende Angaben enthalten:
Name/IUPAC/CAS-Nr. |
Arbeitsverfahren/Verwendungszweck |
Höchstmenge im Betrieb |
Arbeitsbereich/Lagerort |
Einstufung, H- und P-Kennzeichnung |
Gefahren-/CLP-Symbole |
Signalwort |
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Die betriebliche "Fundstelle" der SDBl. sollte ebenfalls angegeben werden
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Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung als Voraussetzung der Arbeitsaufnahme an Arbeitsplätzen, an denen mit Gefahrstoffen umgegangen wird. Ohne Gefährdungsbeurteilung gilt ein Tätigkeitsverbot (Kohte/Faber/Feldhoff, a.a.O., Rn 30 zu GefStoffV). In Konkretisierung der allgemeinen Gefährdungsbeurteilung nach dem ArbSchG sind dabei alle Gefahrstoffe in allen Betriebsbereichen zu erfassen, bis hin zu Klebstoffen oder Druckeremissionen in den Büros. Grundlage der Beurteilung sind das Gefahrstoffkataster und die Informationsermittlung (§ 6 GefStoffV). Liegt keine herstellerseitige Einstufung der Stoffe vor, muss dies der Arbeitgeber mit Hilfe sachkundiger Personen selbst vornehmen. |
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Umfassende Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung gem. § 6 Abs. 8–10, ein Verstoß ist mit Bußgeld bedroht (§ 22 Abs. 1 Nr. 1 GefStoffV). Seit der Änderung der GefStoffV vom 3.2.2015 sind Gefährdungen durch gefährliche explosionsfähige Gemische in einem "Explosionsschutzdokument" gesondert auszuweisen. Besondere Schutzmaßnahmen gegen Brand- und Explosionsrisiken sind zu beachten (§ 11 GefStoffV, Anh. 1 Nr. 1). Dieser Bereich war bislang im Wesentlichen in der BetrSichV geregelt (siehe Rdn 49). |
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Einzelheiten der Gefährdungsbeurteilung ergeben sich aus der TRGS 400 "Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen": |
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Herstellungs- und Verwendungsverbote für bestimmte besonders gefährliche Stoffe gem. Anhang II GefStoffV. Die genauen Vorgaben für den Umgang mit dem jeweiligen Stoff finden sich ebenfalls in diesem Anhang. |
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Vorkehrungen für Betriebsstörungen, Unfälle und Notfälle, durch Vorbereitung möglicher Schutz- und Abwehrmaßnahmen, Bereitstellung von Schutzkleidung oder -ausrüstung. Warn- und Kommunikationssysteme für den Notfall sind einzurichten. |
Rz. 57
Bereits seit der Neufassung der GefStoffV 2005 gibt es nur noch zwei Arten von Grenzwerten, die die zulässige Exposition von Beschäftigten gegenüber Gefahrstoffen regeln:
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Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) = Die (zeitlich gewichtete) durchschnittliche Konzentration eines Stoffes in der Luft eines Arbeitsplatzes mit Bezug auf einen Referenzzeitraum, bei der eine Schädigung der Gesundheit nicht zu erwarten ist. Ein regelmäßiger Aufenthalt von acht Stunden an fünf Tagen/Woche wird zugrunde gelegt. Die AGW werden jährlich in der TRGS 900 veröffentlicht. |
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Biologischer Grenzwert (BGW) = Die Konzentration eines Stoffes oder seines Umwandlungsproduktes in biologischem Material, i.d.R. Blut oder Urin, bei dem im Allgemeinen keine Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten sind. BGW werden in der TRGS 903 veröffentlicht. |
Rz. 58
Die Begriffe AGW und BGW haben die früher gebräuchlichen Begriffe MAK (Maximale Arbeitsplatzkonzentration), BAT (Biologische Arbeitsstofftoleranz) und TRK (Technische Richtkonzentration) abgelöst. Die alten Begriffe sind bis zur vollständigen Anpassung aller TRGS an die aktuelle GefStoffV noc...