Rz. 92
Für die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs ist der Bestand und der Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls maßgebend (§ 2311 BGB). Die zum Nachlass gehörenden Gegenstände sind dabei mit dem Verkehrswert zu bewerten. Dies gilt insbesondere auch für Unternehmen und Gesellschaftsbeteiligungen. Buch-, Bilanz- oder Steuerwerte sind nicht maßgebend. Eine abweichende Wertbestimmung durch den Erblasser ist nicht möglich (§ 2311 Abs. 2 Satz 2 BGB).
Rz. 93
Die für die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs erforderliche Unternehmensbewertung ist insoweit schwierig, als es (mit Ausnahme von Anteilen an börsennotierten Gesellschaften) an einem Markt für Unternehmen fehlt und zeitnahe Verkäufe zu marktüblichen Bedingungen meist nicht vorliegen werden. Bei der Bewertung eines zum Nachlass gehörenden Unternehmens gilt es zunächst, die anwendbare Bewertungsmethode zu bestimmen. Im Ausgangspunkt besteht heute weitgehend Einigkeit, dass die Bewertung auf der Grundlage eines Ertragswertverfahrens zu erfolgen hat. Demgegenüber kommt dem Substanzwertverfahren heute keine praktische Bedeutung mehr zu. Der Liquidations- oder Zerschlagungswert wird allgemein lediglich als Wertuntergrenze für die Bewertung angesehen. Bei der Ertragswertmethode richtet sich der Wert eines Unternehmens nach der Möglichkeit zur Erzielung künftiger Erträge. Dazu sind zunächst die in der Zukunft voraussichtlich zu erzielenden Erträge zu ermitteln. Diese Erträge sind sodann mit Hilfe eines Kapitalisierungszinssatzes auf den Bewertungsstichtag abzuzinsen. Dabei sind allerdings zahlreiche Einzelheiten (wie bspw. die Prognose über die künftigen Erträge oder die Wahl des Kapitalisierungszinssatzes) umstritten.
Rz. 94
Angesichts der mit der Bewertung von Unternehmensbeteiligungen verbundenen Unsicherheiten kann es im Einzelfall zur Streitvermeidung beitragen, wenn der Erblasser mit dem Pflichtteilsberechtigten zumindest die Modalitäten der Unternehmensbewertung (z.B. Verfahren, Person des Sachverständigen, Kosten der Unternehmensbewertung) verbindlich festlegt. Eine derartige Vereinbarung wird insbesondere dann in Betracht kommen, wenn ein weitergehender Pflichtteilsverzicht nicht erreichbar ist. Das Bewertungsverfahren sollte dabei möglichst präzise bestimmt werden, da allgemeine Aussagen (wie bspw. Bewertung nach dem Ertragswertverfahren) angesichts der Vielzahl von Bewertungsmethoden vielfach nicht zielführend sind. Unter Umständen können auch weitergehende Regelungen (z.B. Ausübung von Wahlrechten, Vornahme von Abschlägen und Korrekturen) vorgesehen werden. Nachdem der Pflichtteilsberechtigte mit dieser Vereinbarung möglicherweise auch auf gewisse Rechte verzichtet, sollte vorsorglich stets die für Pflichtteilsverzichtsverträge vorgesehene Form eingehalten werden.
Rz. 95
Muster 23.7: Vereinbarung einer Bewertungsmethode
Muster 23.7: Vereinbarung einer Bewertungsmethode
_________________________ vereinbart mit dem Erblasser was folgt und verzichtet mit Wirkung für sich und seine Abkömmlinge gegenüber dem Erblasser insoweit vorsorglich auf das gesetzliche Pflichtteilsrecht einschließlich von Ergänzungs- und Zusatzpflichtteilsansprüchen.
Für die Berechnung von Pflichtteilsansprüchen sollen etwaige zum Nachlass gehörende Beteiligungen an in- oder ausländischen Unternehmen (_________________________ nach dem Ertragswertverfahren _________________________ nach dem DCF-Verfahren) auf der Grundlage der Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW), Düsseldorf, in der jeweils gültigen Fassung bewertet werden. Die derzeit gültigen Standards sind dieser Urkunde als Anlage beigefügt.
Die Bewertung hat für alle Beteiligten verbindlich durch einen Wirtschaftsprüfer als Schiedsgutachter zu erfolgen. Können die Beteiligten über die Person des Wirtschaftsprüfers keine Einigung erzielen, soll dieser auf Antrag eines Beteiligten vom Präsidenten der für den Wohnsitz des Erblassers zuständigen Kammer der Wirtschaftsprüfer bestimmt werden.
Die Kosten der Unternehmensbewertung tragen Erbe und Pflichtteilsberechtigter zu untereinander gleichen Teilen.
Im Übrigen bleibt das gesetzliche Pflichtteilsrecht unberührt.
Der Erblasser nimmt diesen beschränkten Pflichtteilsverzicht an.