1. Vorrang des Gesellschaftsrechts
Rz. 150
Gehört zum Nachlass eine Beteiligung an einer OHG, unterliegen die Anordnungen des Erblassers sowohl dem Erbrecht als auch dem Gesellschaftsrecht. Die Regelungen des Gesellschaftsrechts sind dabei gegenüber den erbrechtlichen Bestimmungen aber grundsätzlich vorrangig:
▪ |
Das Gesellschaftsrecht bestimmt zunächst, ob und inwieweit die Mitgliedschaft an einer Gesellschaft vererblich ist. |
▪ |
Das Erbrecht findet diese Situation vor und kann sie nur insoweit ausgestalten, als dass Gesellschaftsrecht dies zulässt. |
Praxishinweis
Aufgrund der zwingenden Verbindung zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht ist stets darauf zu achten, dass Gesellschaftsvertrag und Verfügung von Todes wegen miteinander in Einklang stehen. Andernfalls gehen erbrechtliche Gestaltungen aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Vorgaben u.U. ins Leere.
Rz. 151
Auf die Firma der Gesellschaft hat das Ausscheiden eines Gesellschafters durch Tod grundsätzlich keinen Einfluss (§ 24 Abs. 1 HGB). Ist allerdings der Name des Gesellschafters in der Firma enthalten (wie dies vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen vielfach der Fall ist), bedarf es zur Fortführung der Einwilligung des Gesellschafters oder seiner Erben (§ 24 Abs. 2 HGB). Etwaige Streitigkeiten über die Firmenführung lassen sich vermeiden, wenn die entsprechende Zustimmung des Gesellschafters bereits in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen wird. Bei der Anmeldung der Rechtsnachfolge zum Handelsregister ist die Einwilligung nachzuweisen.
Muster 23.13: Einwilligung zur Fortführung der Firma
Muster 23.13: Einwilligung zur Fortführung der Firma
Für alle Fälle des Ausscheidens aus der Gesellschaft (einschließlich des Ausscheidens durch Ausschluss oder Tod) erteilt jeder Gesellschafter, dessen Name in der Firma enthalten ist, schon jetzt ausdrücklich seine Einwilligung zur Fortführung der Firma.
2. Gesetzliche Regelung
Rz. 152
Enthält der Gesellschaftsvertrag keine Regelung über den Tod eines Gesellschafters, kommt die gesetzliche Regelung zur Anwendung. Danach führt der Tod eines Gesellschafters einer OHG nicht zur Auflösung der Gesellschaft. Der verstorbene Gesellschafter scheidet vielmehr aus der Gesellschaft aus und die Gesellschaft wird mit den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt (ab 1.1.2024: § 130 Abs. 1 Nr. 1 HGB n.F., zuvor: § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 HGB a.F.). Die gesetzliche Regelung entspricht einer Fortsetzungsklausel (siehe dazu Rdn 142 ff.).
Rz. 153
Die gesetzliche Regelung ist insofern unzureichend, als den Erben des Gesellschafters ein schuldrechtlicher Anspruch auf Abfindung in Höhe des vollen Verkehrswerts der Beteiligung zusteht (ab 1.1.2024: § 105 Abs. 3 HGB n.F. i.V.m. § 728 BGB n.F. und §§ 130, 135 HGB n.F., zuvor: § 105 Abs. 3 HGB a.F. i.V.m. § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F.). Der Gesellschaftsvertrag wird daher regelmäßig eine Beschränkung der Abfindung vorsehen, um die sonst drohende finanzielle Belastung der Gesellschaft zu vermeiden. Jede Beschränkung der Abfindung muss einer gerichtlichen Inhalts- und Ausübungskontrolle standhalten (siehe §§ 138, 242 BGB). Viele Einzelheiten in diesem Zusammenhang waren und sind umstritten. Im Rahmen des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts wurde die Regelung zur Abfindung (ab 1.1.2024: § 728 BGB n.F. und § 135 HGB n.F., zuvor: § 738 BGB) zwar sprachlich geändert, blieb inhaltlich aber weitgehend unverändert.