Dr. Michael Bonefeld, Katrin Heindl
Rz. 146
Minderjährige, die das siebte, nicht aber das 18. Lebensjahr vollendet haben (also vom 7. Geburtstag, 0.00 Uhr bis zum Tag vor dem 18. Geburtstag, 23.59 Uhr) sind beschränkt geschäftsfähig (§ 106 BGB), vorher sind sie geschäftsunfähig (§ 104 BGB).
Natürlich kann auch in Einzelfällen der Minderjährige für sich selbst handeln, wenn er denn bereits beschränkt geschäftsfähig ist.
Bei einem lediglich rechtlich vorteilhaften Geschäft handelt das Kind ab Vollendung des siebten Lebensjahres entweder selbst (§ 107 BGB), oder es kann jedenfalls von den Eltern vertreten werden, die hieran nach dem Normzweck auch nicht durch § 181 BGB gehindert sind. Der Vertrag bedarf dann auch keiner familiengerichtlichen Genehmigung nach § 1643 Abs. 1 i.V.m. § 1850 BGB n.F. (§ 1821 BGB a.F.).
Dabei ist für den Einzelfall sehr umstritten, wann ein Rechtsgeschäft für einen Minderjährigen denn rechtlich vorteilhaft ist.
Ob eine Willenserklärung lediglich rechtlich vorteilhaft ist, richtet sich allein nach der rechtlichen Wirkung, nicht jedoch nach den wirtschaftlichen Folgen des Geschäfts. Auf einen wirtschaftlichen Vorteil kommt es gerade nicht an. Entscheidend ist daher, ob durch die Willenserklärung selbst oder durch den Vertrag, zu dessen Abschluss sie abgegeben wird, rechtliche Verpflichtungen des Minderjährigen begründet oder seine Rechte vermindert werden. Soweit ein Geschäft einem Minderjährigen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt, gilt für Insichgeschäfte der sorgeberechtigten Eltern das Verbot des § 181 BGB nicht.
Rz. 147
Der Minderjährige kann somit Willenserklärungen abgeben, bei denen infolge der Ausübung kein unmittelbarer Rechtsnachteil entsteht.
Folgende Fälle sind somit zustimmungsfrei:
▪ |
Kündigung eines zinslosen Darlehens durch den Minderjährigen als Darlehensgeber |
▪ |
Kündigung des Leihvertrags durch den minderjährigen Verleiher gemäß § 605 BGB |
▪ |
Widerrufserklärung des minderjährigen Schenkers gemäß § 530 BGB, durch die er einen Herausgabeanspruch gemäß § 531 Abs. 2 BGB erlangt |
▪ |
Widerruf eines Bürgschaftsvertrags des minderjährigen Bürgen gemäß § 355 BGB |
▪ |
Kündigung eines Bürgschaftsvertrags aus wichtigem Grund gemäß § 314 BGB |
▪ |
Anfechtung eines Leih-, Bürgschafts- oder Schenkungsvertrags durch den minderjährigen Verleiher/Bürgen/Schenker gemäß § 123 BGB (nicht aber eine Anfechtung der genannten Verträge wegen Willensmängeln gemäß § 119 BGB, wegen der drohenden Schadensersatzfolge aus § 122 BGB) |
▪ |
Annahme eines unbelasteten Vermächtnisses gemäß § 2180 BGB. |
Rz. 148
Zustimmungsbedürftig sind insbesondere im Bereich des Unternehmensrechts:
▪ |
Stimmabgabe im Rahmen der Mitgliederversammlung einer Gesellschaft, jedenfalls soweit über die Begründung oder die Modifizierung von Mitgliedspflichten abgestimmt wird |
▪ |
Kündigung einer Personengesellschaft (§§ 723 ff. BGB) oder einer GmbH |
▪ |
Kündigung – sofern der Gesellschaftsvertrag dies zulässt – der Mitgliedschaft in einer Gesellschaft |
▪ |
Erteilung einer Vollmacht (sofern keine Spezialvollmacht zur Vornahme eines lediglich rechtlich vorteilhaften Rechtsgeschäfts). |