Rz. 99

In letztwilligen Verfügungen können auch familienrechtliche Anordnungen eine Rolle spielen. Von praktischer Bedeutung sind insb. zwei Bereiche:

Eingriff in die elterliche Vermögensverwaltungsrechte nach der Scheidung;
Benennung von Vormündern und Pflegern für unversorgte Kinder.

Das Recht und die Pflicht der elterlichen Vermögenssorge ergeben sich aus § 1626 Abs. 1 BGB. Danach besteht ein Gesamtvertretungsrecht beider Elternteile. Verstirbt ein Elternteil, verbleibt die elterliche Sorge beim Überlebenden allein. Sind die Eltern unverheiratet, so steht die Vermögenssorge der Mutter allein zu, sofern nicht beide Eltern die Übernahme des gemeinsamen Sorgerechts in beurkundeter Form nach §§ 1626a Abs. 1 Nr. 1, 1626b ff. BGB abgegeben haben. Dann gilt § 1680 Abs. 1 BGB und die elterliche Sorge erhält wiederum der überlebende Elternteil. Der Erblasser hat selbst die Möglichkeit, das Vermögenssorgerecht bezüglich des ererbten Vermögens entweder einem oder beiden Elternteilen zu entziehen.

 

Rz. 100

Durch die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts[130] wurde § 1638 BGB ausgeweitet auf Vermögen, welches das Kind nicht nur von Todes wegen oder unter Lebenden, sondern auch durch unentgeltliche Zuwendung auf den Todesfall erwirbt.

Ähnliche Änderungen sind zudem im Rahmen der möglichen Verwaltungsanordnungen für ererbtes und geschenktes Vermögen erfolgt (vgl. §§ 1639, 1811, 1837 BGB n.F.). Somit fallen nun auch unentgeltliche Zuwendungen auf den Todesfall (z.B. Verträge zugunsten Dritter oder Schenkungsversprechen von Todes wegen nach § 2301 BGB zugunsten eines Minderjährigen) in den Anwendungsbereich der vorgenannten Vorschriften.

Wenn die Eltern von der Verwaltung des zugewendeten Vermögens ausgeschlossen sind, ist nun ein sog. Zuwendungspfleger nach § 1811 Abs. 1 BGB n.F. (statt wie früher nach § 1917 Abs. 1 BGB a.F.) zu bestellen. Dabei können Verwaltungsanordnungen im Hinblick auf das zu verwaltende Vermögen vom Zuwender angeordnet werden.

Muster 24.2: Entzug des Vermögensverwaltungsrechts

 

Muster 24.2: Entzug des Vermögensverwaltungsrechts

Den Eltern _________________________ des minderjährigen _________________________, geb. am _________________________, derzeit wohnhaft _________________________ in _________________________, entziehe ich gemäß § 1638 BGB das Vermögensverwaltungsrecht bzgl. all der Vermögensgegenstände, die er von mir von Todes wegen erwirbt. Als Pfleger zur Ausübung des Verwaltungsrechts benenne ich Herrn _________________________, geb. am _________________________, derzeit wohnhaft _________________________ in _________________________.Für den jeweiligen Zuwendungspfleger sind für die in § 1811 Abs. 2 Nr. 2 BGB aufgeführten Beschränkungen Befreiungen anzuordnen.

Noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob ein Verwaltungsentzug eines Betreuers im Hinblick auf das zugewendete Vermögen nach § 1638 BGB möglich ist.[131]

 

Rz. 101

Der Erblasser muss aber nicht immer das ganze Vermögenssorgerecht entziehen, sondern kann lediglich nach § 1639 BGB bestimmte Verwaltungsanordnungen hinsichtlich des Ererbten den Eltern erteilen. Ob derartige Anordnungen sinnvoll sind, ist zu bezweifeln, denn im Voraus kann nicht erahnt werden, welche Maßnahmen vernünftig sind oder nicht.

 

Praxishinweis

Gerade im Rahmen von Geschiedenentestamenten oder bei Testamenten von Patchwork-Familien ist dringend an eine Regelung hinsichtlich der Verwaltung des Kindesvermögens nach einer Scheidung etc. zu denken! Neben einem Verwaltungsentzug sollte eine Pflegeerbennennung erfolgen. Allerdings kann das FamG in den in § 1778 BGB genannten Fällen, den Willen des Erblassers umgehen. Da Einkünfte aus dem Kindesvermögen nach § 1649 Abs. 1 BGB zur Bestreitung des Kindesunterhalts dienen, hat der Pfleger dem sorgeberechtigten Elternteil diese Einkünfte für Unterhaltszwecke zur Verfügung zu stellen. Um zu vermeiden, dass diese Einkünfte aufgrund des § 1649 Abs. 2 S. 1 BGB aus Billigkeitsgesichtspunkten auch für den eigenen persönlichen Unterhalt und der Geschwister verwendet werden, sollte vorsorglich auch ein Ausschluss des Unterhaltsverwendungsrechts erfolgen.

[130] Dazu: Müller-Engels, ErbR 2022, 666; Siegel/Kraus, DNotZ 2022, 906; Werner, ZEV 2021, 618; Horn, ZEV 2020, 748; Kurze, Die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts, 2023.
[131] Dazu Siegel/Kraus, DNotZ 2022, 917 mit Meinungsstand in dortiger Fn 66.

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