Dr. Michael Bonefeld, Katrin Heindl
Rz. 159
Die Vertretung in gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten richtet sich grundsätzlich nach §§ 1629, 1824, 181 BGB. Kommt es zu Beschlussfassungen in laufenden Angelegenheiten, so ist nach der h.M. § 181 BGB nicht anzuwenden.
Geht es um Änderungen eines Gesellschaftsvertrages, bleibt es hingegen bei der Anwendung der §§ 1629, 1824, 181 BGB, da es hier tatsächlich zum Interessengegensatz kommen kann.
Fraglich ist dann, ob eine gerichtliche Genehmigung erforderlich ist. Zum einen wird unter Hinweis auf den BGH vertreten, Vertragsänderungen seien grundsätzlich nicht genehmigungsbedürftig. Zum anderen wird jedoch unter Hinweis auf die Gefahr der Umgehung eine extensive Auslegung des § 1822 Nr. 3 BGB a.F. befürwortet.
Rz. 160
Tritt ein Minderjähriger aufgrund einer gesellschaftvertraglichen Eintrittsklausel in eine Personengesellschaft ein, stellt sich die Frage, ob die §§ 1629, 1795, 181 BGB der Ausübung des Eintrittsrechts entgegenstehen, wenn ein Elternteil oder Verwandte des Minderjährigen bereits Mitglied der Gesellschaft sind.
Zunächst wendet die h.M. § 181 BGB weder direkt noch analog an, sofern das Geschäft einen rechtlichen Vorteil bietet. Allerdings ist der Erwerb einer Gesellschafterstellung nicht nur mit Vorteilen verbunden, so dass grundsätzlich ein Pfleger zu bestellen ist.
Damrau hingegen lehnt eine Pflegerbestellung mit dem Argument ab, dass der erbrechtliche Erwerb mittels Eintrittsklausel nicht anders behandelt werden dürfe als einer mittels Nachfolgeklausel. Eine familiengerichtliche Genehmigung sei auch deshalb nicht nach § 1822 Nr. 3 2. Hs. BGB a.F. (jetzt § 1852 Nr. 2 BGB n.F.) einzuholen, weil es sich nicht um eine Neugründung einer Gesellschaft handelt.
Praxishinweis
Für die Praxis sollte daher auch richtiger Weise der Begriff "Beitritts- oder Aufnahmevertrag" verwendet werden, um die Unterschiede deutlich zu machen.
Rz. 161
Ist der Minderjährige nicht Erbe, sondern Vermächtnisnehmer, muss zunächst das Vermächtnis angenommen werden. Die h.M. fordert hier ebenfalls (zu Unrecht) eine familiengerichtliche Genehmigung.
Rz. 162
Wird die Stellung eines Kommanditisten nach Maßgabe des § 139 HGB verlangt, muss der Gesellschaftsvertrag geändert werden. Dennoch wird keine gerichtliche Genehmigung benötigt, weil es sich nicht um den Neuabschluss eines Gesellschaftsvertrages handelt.
Rz. 163
Sind wiederum die Eltern etc. bereits Gesellschafter, können sie den Minderjährigen nicht vertreten, da es sich nicht um ein rein vorteilhaftes Geschäft für den Minderjährigen handelt, selbst wenn die Einlage voll bezahlt worden ist.
Rz. 164
Durch die Änderungen i.R.d. Minderjährigenhaftungsbegrenzungsgesetz sind die verfassungsrechtlichen Bedenken der Minderjährigenhaftung beseitigt worden, da der Minderjährige nach § 723 Abs. 1 S. 2, 3 Nr. 2 BGB ein außerordentliches Kündigungsrecht hat, sowie nach § 1629a BGB seine Haftung beschränken kann.
Übersicht:
Letztendlich sollen genehmigungspflichtige Geschäfte sein:
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Immer, wenn Minderjährigen Unternehmerrisiko trifft; |
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Erwerb sämtlicher Gesellschaftsanteile oder Aktien; |
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Entgeltlicher Erwerb von Gesellschaftsanteilen; |
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Gründung einer Gesellschaft; |
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Beitritt zu einer Gesellschaft; |
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Beteiligung des Minderjährigen an einer KG als Kommanditist; |
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Beteiligung als "Stiller Gesellschafter"; |
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Änderung des Vertrags hinsichtlich Gewinnverteilung, sofern nicht unwesentlich. |
Praxishinweis
Nicht genehmigungspflichtig sind die Erwerbe von Todes wegen als Erbe oder aufgrund einer Nachfolgeklausel oder wenn eine Erbengemeinschaft ein Einzelhandelsgeschäft ohne Abschluss eines Gesellschaftsvertrages als OHG fortführt. Ferner Änderungen des Gesellschaftsvertrages.