Dr. iur. Marcus Hartmann, Walter Krug
Rz. 2
Hat der Erblasser den Erben über den Tod hinaus bzw. mit Wirkung ab dem Todesfall bevollmächtigt, kann diese Vollmacht einen Erbschein ersetzen. Hauptanwendungsfall ist die Bankvollmacht, die zur Verfügung über das Konto des Erblassers berechtigt, solange sie nicht vom Erben selbst oder vom Miterben, dann nur mit Wirkung für und gegen diesen, widerrufen wird. Besteht das Nachlassvermögen im Wesentlichen aus Bankguthaben, genügt regelmäßig eine solche kostensparende Vollmacht zur Abwicklung des Nachlasses.
Rz. 3
Nach Nr. 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken und Sparkassen ist entweder eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der letztwilligen Verfügung, mit der der Erblasser den Erben eingesetzt hat, sowie die Niederschrift über die zugehörige Eröffnungsverhandlung vorzulegen, um Zugriff auf das Konto des Erblassers zu erhalten. Hat die Bank oder Sparkasse Kenntnis der Unwirksamkeit der letztwilligen Verfügung oder ist ihr diese infolge Fahrlässigkeit unbekannt, gilt die Nachweiserleichterung nicht, sodass die Vorlage eines Erbscheins erforderlich wird.
Rz. 4
Der BGH hat mit Urteil vom 5.4.2016 klargestellt, dass der Erbe gegenüber einer Bank oder Sparkasse sein Erbrecht auch durch Vorlage der beglaubigten Ablichtung eines privatschriftlichen Testaments nebst beglaubigter Abschrift des Eröffnungsprotokolls nachweisen kann, wenn dieses die Erbfolge mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit belegt.
Zitat
"Aufgrund dessen ist es bei Vorlage einer beglaubigten Ablichtung eines eigenhändigen Testaments nebst einer beglaubigten Abschrift des Eröffnungsprotokolls (§ 2259 Abs. 1 BGB, § 348 Abs. 1 S. 2 FamFG) eine Frage des Einzelfalls, ob dieses die Erbfolge mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit nachweist. Eine gesteigerte Auslegungspflicht der Bank besteht allerdings nicht. Andererseits berechtigen lediglich abstrakte Zweifel die Bank nicht dazu, einen Erbschein zu verlangen. Nur bei konkreten und begründeten Zweifeln an der Richtigkeit der durch das eigenhändige Testament belegten Erbfolge ist die Bank berechtigt, ergänzende Erklärungen des oder der Erbprätendenten einzuholen oder sich weitere Unterlagen, wie z.B. das Familienstammbuch oder einen Erbschein, vorlegen zu lassen (vgl. Bunte, AGB Banken, 4. Aufl., Rn 103; Werkmüller, BKR 2005, 318, 319)."
Die vorhergehende Entscheidung des BGH, die allein die Vorlage der Ausfertigung oder beglaubigten Abschrift eines notariellen Testaments zum Nachweis der Erbfolge anstelle eines Erbscheins hat ausreichen lassen, ist damit für die Fälle überholt, in denen der Erbe eindeutig aus der privatschriftlichen letztwilligen Verfügung hervorgeht. Ist die Erbeinsetzung dagegen nicht eindeutig erkennbar, werden sich Banken und Sparkassen weder mit einem privatschriftlichen noch einem notariellen Testament begnügen, sondern die Vorlage der Ausfertigung oder zumindest beglaubigten Abschrift eines Erbscheins verlangen.