Rz. 417

Ob ein Rechtsstreit über die Feststellung des Erbrechts wegen eines bereits anhängigen Erbscheinsverfahrens nach § 148 ZPO ausgesetzt wird, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten. Während das OLG München eine Aussetzung des Zivilprozesses wegen der möglichen Verwertung bereits erhobener Beweise im Erbscheinserteilungsverfahren für zweckmäßig erachtet,[324] will das OLG Stuttgart nicht allein auf Zweckmäßigkeitserwägungen abstellen.[325] Allein Verfahren mit Präjudizwirkung sollen für eine Verfahrensaussetzung ausreichen.

Umgekehrt gilt: Das Nachlassgericht kann das Erbscheinsverfahren nach § 21 FamFG aussetzen, wenn zwischen den Erbprätendenten ein Zivilrechtsstreit zur Feststellung des Erbrechts anhängig ist. Denn das Ergebnis eines Feststellungsrechtsstreits ist für ein Erbscheinsverfahren unter denselben Beteiligten vorgreiflich. Die Aussetzung ist auch im Rechtsbeschwerdeverfahren zulässig, ohne dass es hierfür eines Antrags oder der Zustimmung der Beteiligten bedarf. Das mit dem Erbscheinsverfahren befasste Gericht entscheidet von Amts wegen nach pflichtgemäßem Ermessen über die Aussetzung. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob die durch die Aussetzung eintretende Verzögerung den Beteiligten zugemutet werden kann.[326]

Im Beschwerdeverfahren ist die Aussetzungsentscheidung nur auf Verfahrens- und Ermessensfehler zu überprüfen. Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren über die Aussetzung ergeht nach §§ 80 ff. FamFG.[327] Das im Erbscheinserteilungsverfahren gewonnene Ergebnis bindet das Prozessgericht nicht.[328] Es kann deshalb zu einer anderslautenden Entscheidung kommen.

 

Rz. 418

Miterben, die auf Feststellung der Miterbenstellung des Klägers verklagt werden, sind keine notwendigen Streitgenossen. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass weitere im Testament genannte Erben vorhanden sind, die (teilweise) auch die Erbenstellung des Klägers bestreiten.[329]

 

Rz. 419

Wird der positiven Feststellungsklage stattgegeben, steht im Verhältnis der Prozessparteien fest, dass der Kläger Erbe geworden ist. Bei Abweisung der Feststellungsklage steht lediglich im Verhältnis der Parteien fest, dass der Kläger nicht Erbe geworden ist. Will der Beklagte also seine Feststellung als Erbe erreichen, muss er eine Feststellungswiderklage erheben.

[324] OLG München, Beschl. v. 11.11.1994 – 15 W 1752/94, Rn 18, ZEV 1995, 459.
[325] OLG Stuttgart, Beschl. v. 28.12.1998 – 20 W 19/98, Rn 14, OLGR Stuttgart 1999, 134.
[329] BGH, Urt. v. 15.9.1951 – II ZR 44/58, Rn 25, BGHZ 30, 195.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge