Rz. 83

Da der Erbvertrag keine einseitige, jederzeit frei widerrufliche letztwillige Verfügung ist, können die weitreichenden großzügigen Auslegungsvorschriften, die im Testamentsrecht gelten, für den Erbvertrag nicht ohne weiteres übernommen werden. Vielmehr ist für die Frage, wie eine Willenserklärung verstanden werden kann, auf den oder die Vertragspartner Rücksicht zu nehmen. Im Hinblick auf den Vertrauensschutz der am Vertrag beteiligten Personen ist neben § 133 BGB auch § 157 BGB anzuwenden. Zu prüfen ist deshalb immer, ob eine Auslegung, die dem Willen des einen Vertragspartners entspricht, auch mit dem Willen des anderen vereinbar ist.[89] Diese Grundsätze sind auch bei der ergänzenden Auslegung von Erbverträgen zu beachten. Beim Ehegattenerbvertrag können aus dem späteren Verhalten des überlebenden Ehegatten in aller Regel keine Schlüsse auf den Willen des erstverstorbenen Ehegatten gezogen werden. Im Übrigen gelten die Auslegungsvorschriften beim einseitigen und gemeinschaftlichen Testament (vgl. § 3 Rdn 1 ff.).

[89] Vgl. BGH NJW 1961, 120.

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