Dr. iur. Patrick Lenz, Dr. iur. Klaus Koch
Rz. 28
Auch für den Erbvertrag müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit er mit dem Tod des Erblassers Rechtswirkungen erzeugen kann.
1. Abschlussfähigkeit
a) Geschäftsfähigkeit
Rz. 29
Für den Abschluss eines Erbvertrags als Erblasser ist nach § 2275 BGB unbeschränkte Geschäftsfähigkeit erforderlich. Die frühere Sonderregelung des § 2275 Abs. 2 und Abs. 3 BGB für Ehegatten und Verlobte ist aufgehoben. Unbeschränkte Geschäftsfähigkeit ist auch erforderlich für die Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts.
Testierunfähigkeit kann vorliegen, wenn paranoide Wahnvorstellungen eines Erblassers, die sich vor allem auf eine als (testamentarischer) Erbe in Betracht kommende Person beziehen, das freie Urteil darüber unmöglich machen, ob die Einsetzung anderer Personen als Erben sittlich gerechtfertigt ist.
Häufig gibt es in Erbrechtsprozessen Streit über die Geschäfts- bzw. Testierfähigkeit des Erblassers. Dabei entsteht immer wieder das Problem, ob der behandelnde Arzt von seiner ärztlichen Schweigepflicht entbunden ist. Es ist unstreitig, dass der Erblasser diese Entbindung selbst vornehmen kann. Deshalb ist zu empfehlen, in die Verfügung von Todes wegen eine solche Entbindungserklärung aufzunehmen.
b) Muster
Rz. 30
Muster 24.6: Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht
Muster 24.6: Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht
Ich, _________________________, entbinde schon heute die mich bisher und zukünftig behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht, soweit es um die Frage meiner Geschäfts- bzw. Testierfähigkeit geht.
c) Feststellungen des Notars zur Geschäftsfähigkeit
Rz. 31
Die Feststellungen des Notars über die Geschäfts- bzw. Testierfähigkeit, die gemäß § 28 BeurkG in die Urkunden aufgenommen werden sollen, erbringen zwar nicht den Beweis für die Geschäfts- bzw. Testierfähigkeit i.S.d. §§ 415 ff. ZPO, sind aber im Prozess und im FG-Verfahren gem. § 286 ZPO, §§ 29, 30 FamFG zu würdigen. Neuerdings misst das KG den Feststellungen des Notars bei der späteren Beweiswürdigung besonderes Gewicht bei. Andererseits misst das OLG Frankfurt/M. in einer Entscheidung zu einem Übergabevertrag den Feststellungen des Notars über die Geschäftsfähigkeit des Erblassers offenbar keine Bedeutung bei, wohl weil der Notar als medizinischer Laie dazu keine endgültigen Aussagen machen kann.
Nach BayObLG haben Feststellungen des Notars zur Geschäftsfähigkeit lediglich Indizwirkung.
Rz. 32
Das FamFG regelt in den §§ 26, 29 und 30 das Beweisverfahren.
Rz. 33
§ 30 FamFG enthält Vorschriften über eine förmliche Beweisaufnahme in Form des Strengbeweises. Zunächst kann allerdings das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, ob es die entscheidungserheblichen Tatsachen durch eine förmliche Beweisaufnahme entsprechend der ZPO feststellt. Gemäß § 30 Abs. 2 FamFG hat eine förmliche Beweisaufnahme stattzufinden, wenn es in diesem Gesetz (FamFG) vorgesehen ist. Eine förmliche Beweisaufnahme soll gem. § 30 Abs. 3 FamFG über die Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung stattfinden, wenn das Gericht seine Entscheidung maßgeblich auf die Feststellung dieser Tatsache stützen will und die Richtigkeit von einem Beteiligten ausdrücklich bestritten wird.
d) Persönliche Anforderungen an den Vertragspartner, der nicht Erblasser ist
Rz. 34
Derjenige Vertragspartner, der nicht als Erblasser handelt, kann den Erbvertrag schließen, wenn er nach den allgemeinen Vorschriften geschäftsfähig ist (§§ 104 ff. BGB). Übernimmt ein Vertragspartner im Erbvertrag keine eigenen Verpflichtungen, so kann er den Vertrag selbst schließen, auch wenn er minderjährig ist, weil damit für ihn lediglich ein rechtlich neutrales Rechtsgeschäft vorliegt, das einem rechtlich vorteilhaften i.S.v. § 107 BGB gleichsteht.
2. Höchstpersönlichkeit
Rz. 35
Der Erblasser kann den Erbvertrag nur höchstpersönlich schließen, § 2274 BGB, wie im Parallelfall der Testamentserrichtung nach § 2064 BGB. Stellvertretung ist damit ausgeschlossen. Dagegen kann der Vertragspartner bei einem einseitigen Erbvertrag durch einen Bevollmächtigten vertreten werden. Insoweit gelten die allgemeinen Vorschriften. Für den geschäftsunfähigen Vertragspartner handelt sein gesetzlicher Vertreter.
Das Erfordernis der persönlichen Anwesenheit gilt auch für den Abschluss eines Erbvertrags in einem gerichtlichen Vergleich, die Anwesenheit der Prozessvertreter allein reicht nicht aus.
Testament und Erbvertrag ermöglichen es dem Erblasser, einen Verteilungsplan für seinen künftigen Nachlass aufzustellen. Das Gesetz verlangt dabei, dass sowohl Willensbildung als auch Willensäußerung vom Erblasser persönlich vorgenommen werden. Für sämtliche Erklärungen, die unmittelbar au...