Rz. 175
Hinsichtlich der Erklärung über die Annahme oder die Ausschlagung einer Erbschaft, eines Vermächtnisses oder eines Pflichtteils sieht Art. 13 EuErbVO einen besonderen Gerichtsstand vor. Flankiert wird die Regelung des Art. 13 EuErbVO von der Bestimmung des Art. 28 EuErbVO, wonach hinsichtlich der Formgültigkeit einer solchen Erklärung auch die lex fori des nach Art. 13 EuErbVO zuständigen Gerichts für maßgeblich erklärt wird.
Art. 13 EuErbVO Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft, eines Vermächtnisses oder eines Pflichtteils
Außer dem gemäß dieser Verordnung für die Rechtsnachfolge von Todes wegen zuständigen Gericht sind die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem eine Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, die nach dem auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Recht vor einem Gericht eine Erklärung über die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft, eines Vermächtnisses oder eines Pflichtteils oder eine Erklärung zur Begrenzung der Haftung der betreffenden Person für die Nachlassverbindlichkeiten abgeben kann, für die Entgegennahme solcher Erklärungen zuständig, wenn diese Erklärungen nach dem Recht dieses Mitgliedstaats vor einem Gericht abgegeben werden können.
Rz. 176
Rechtsprechung:
OLG Köln, Beschl. v. 25.3.2015 – 2 Wx 63/15:
Zitat
Die Ausschlagung einer Erbschaft ist erbrechtlich und nicht sachenrechtlich zu qualifizieren. Bei österreichischem Erbstatut unterliegt die Ausschlagung der Erbschaft dem österreichischen Recht auch dann, wenn sich Nachlassgrundstücke in Deutschland befinden und sich der Eigentumserwerb der Erben an diesen Grundstücken nach deutschem Recht (lex rei sitae) richtet.
OLG Schleswig, Beschl. v. 11.2.2015 – 3 Wx 90/14: Anforderungen an Ausschlagungserklärung einer in England lebenden Erbin
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Die Frage, wem gegenüber eine Ausschlagungserklärung abgegeben werden muss, ist keine Frage der Form im Sinne von Art. 11 Abs. 1 EGBGB, sondern eine inhaltliche Frage. Es kommt deshalb nicht auf die Formvorgaben des Ortsrechts nach Art. 11 Abs. 1 Alt. 2 EGBGB an, vielmehr ist das Erbstatut maßgebend.
Ist gemäß Art. 25 Abs. 1 EGBGB deutsches Erbrecht als Erbstatut anzuwenden, muss eine Ausschlagungserklärung nach § 1945 Abs. 1 Hs. 1 BGB gegenüber dem Nachlassgericht abgegeben werden, und zwar wegen § 184 GVG in deutscher Sprache.
Rz. 177
Nach bisheriger Rechtslage war es nach OLG Köln und OLG Schleswig daher so, dass die Erbschaftsannahme und -ausschlagung in der Form dem von Art. 11 Abs. 1 EGBGB berufenen Recht folgen. Dies schließt jedoch nicht den Adressaten ein, den das Erbstatut (Art. 25 EGBGB) bestimmt, so dass bei deutschem Erbstatut eine Ausschlagung formwirksam vor dem personal representative im UK erklärt werden konnte, jedoch – in deutscher Sprache – dem Nachlassgericht hätte zugehen müssen. In Abgrenzung zum Erbschaftserwerb, der für Immobilien von §§ 31, 32 ÖstIPRG in Abspaltung vom Erbstatut dem Belegenheitsrecht unterstellt wird, wendet das OLG Köln auf die Ausschlagung das (österreichische) Erbstatut an, auch soweit Immobilien in Deutschland betroffen sind.
Der EuGH hat sich nun dazu wie folgt positioniert:
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Die Art. 13 und 28 EuErbVO sind dahin auszulegen, dass eine von einem Erben vor einem Gericht des Mitgliedstaats seines gewöhnlichen Aufenthalts abgegebene Erklärung über die Ausschlagung der Erbschaft als hinsichtlich ihrer Form wirksam gilt, wenn die vor diesem Gericht geltenden Formerfordernisse eingehalten worden sind, ohne dass es für diese Wirksamkeit erforderlich wäre, dass sie die Formerfordernisse erfüllt, die nach dem auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Recht beachtet werden müssen.
Art. 28 EuErbVO Formgültigkeit einer Annahme- oder Ausschlagungserklärung
Eine Erklärung über die Annahme oder die Ausschlagung der Erbschaft, eines Vermächtnisses oder eines Pflichtteils oder eine Erklärung zur Begrenzung der Haftung des Erklärenden ist hinsichtlich ihrer Form wirksam, wenn diese den Formerfordernissen entspricht
a) |
des nach den Artikeln 21 oder 22 auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Rechts oder |
b) |
des Rechts des Staates, in dem der Erklärende seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. |
Rz. 178
Der Erbe kann also das Erbe formwirksam entweder nach Maßgabe des Erbstatuts oder nach dem Recht des eigenen Aufenthaltsorts ausschlagen. Die Erleichterung gilt aber nur für die Form und die Beweisbarkeit der Ausschlagungserklärung, nicht für die Frist oder für inhaltliche bzw. materiell-rechtliche Fragen. Unterfällt also eine Erbschaft dem deutschen Erbrecht und will der im Ausland lebende Erbe die Erbschaft ausschlagen, so kann er zwar die Formerleichterungen des Art. 28 EuErbVO für sich in Anspruch nehmen, es gelten aber weiterhin die strengen materiell-rechtlichen Anforderungen der §§ 1944 ff. BGB an eine Erbausschlagung (also insbesondere auch die Frist). Inwieweit nun die Art. 13, 28 EuErbVO eine den §§ 1945 BGB, 184 GVG vorrangige Sonderregelung enthalten, wonach nunmehr die Erbausschlagungserklärung...