Rz. 76

Entscheidet das Familiengericht statt nach dem – noch fortgeltenden – alten Verfahrensrecht nicht durch Urteil, sondern fehlerhaft nach neuem Verfahrensrecht durch Beschluss, wird auch durch die Einlegung einer Beschwerde beim Ausgangsgericht die Rechtsmittelfrist gewahrt. Der Schutzgedanke der Meistbegünstigung soll die beschwerte Partei vor Nachteilen schützen, die auf der unrichtigen Entscheidungsform beruhen.[104]

 

Rz. 77

Hat das Familiengericht im umgekehrten Fall noch altes Verfahrensrecht angewandt und durch Urteil entschieden, so gilt dies ebenfalls. Das OLG Brandenburg stellt klar, dass nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz den Verfahrensbeteiligten dasjenige Rechtsmittel zusteht, welches nach der Art der ergangenen Entscheidung (hier: Urteil) statthaft ist und außerdem das Rechtsmittel, das bei einer in der richtigen Form getroffenen Entscheidung (hier: Beschluss) gegeben gewesen wäre. Danach ist die als Beschwerde zu behandelnde Berufung zulässig.[105]

[104] BGH, Beschl. v. 6.4.2011 – XII ZB 553/10, FamRZ 2011, 966; BGH FamRZ 2011, 1575; zum Grundsatz der Meistbegünstigung siehe auch Streicher, FamRZ 2011, 509, 517.

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