Rz. 4

Wird für eine Beschwerde Verfahrenskostenhilfe beantragt, sind einige Dinge besonders zu beachten.

Da über den Verfahrenskostenhilfe-Antrag regelmäßig erst nach Ablauf der Beschwerdefrist entschieden wird, muss auch regelmäßig ein Wiedereinsetzungsantrag gestellt werden.[3] Waren die Voraussetzungen für einen ordnungsgemäßen und erfolgversprechenden Verfahrenskostenhilfe-Antrag nicht gegeben, kann keine Wiedereinsetzung bewilligt werden.

[3] Ausführlich Bernau, NJW 2017, 2001.

1. Verbindung von Verfahrenskostenhilfe-Antrag und Beschwerde

 

Rz. 5

BGH, Beschl. v. 8.5.2019 – XII ZB 520/18[4]

Zitat

Reicht ein mittelloser Verfahrensbeteiligter innerhalb der Rechtsmittelfrist nur einen vollständigen Verfahrenskostenhilfeantrag ein, ist seine Mittellosigkeit auch dann für die versäumte Rechtsmittelfrist kausal, wenn er trotz Ablehnung der Verfahrenskostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und das Rechtsmittel auf eigene Kosten einlegt (im Anschluss an BGH v. 28.11.2012 – XII ZB 235/09, FamRZ 2013, 370).

BGH, Beschl. v. 17.4.2019 – XII ZB 546/18[5]

Zitat

Reicht der Rechtsmittelführer einen Verfahrenskostenhilfeantrag verbunden mit einem Schriftsatz ein, der die formalen Anforderungen einer Beschwerdeschrift erfüllt, kommt die Deutung, dass der Schriftsatz zunächst nur als Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe gemeint war, nur in Betracht, wenn sich das entweder aus dem Schriftsatz selbst oder sonst aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (im Anschluss an BGH v. 7.3.2012 – XII ZB 421/11, FamRZ 2012, 962 und v. 27.10.2010 – XII ZB 113/10, FamRZ 2011, 29).

 

Rz. 6

Die Einlegung eines Rechtsmittels bedingt durch Verfahrenskostenhilfebewilligung ist unzulässig. Eine Deutung, dass der Schriftsatz nur als unbedingtes Rechtsmittel bestimmt war, kommt nur dann in Betracht, wenn sich entweder aus dem Schriftsatz selbst oder aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit derartiges ergibt.[6]

 

Rz. 7

BGH, Beschl. v. 29.7.2020 – XII ZB 172/18[7]

Zitat

Lässt das Beschwerdegericht in einem Verfahrenskostenhilfeverfahren die Rechtsbeschwerde zu, weil nach seiner Auffassung die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung von der Klärung einer bislang noch nicht höchstrichterlich entschiedenen klärungsbedürftigen Rechtsfrage abhängen, darf es dem Beschwerdeführer Verfahrenskostenhilfe auch dann nicht mangels Erfolgsaussicht versagen, wenn die Rechtsfrage seiner Auffassung nach zu Ungunsten des Beschwerdeführers zu entscheiden ist (im Anschluss an BGH v. 8.5.2013 – XII ZB 624/12, FamRZ 2013, 1214).

 

Rz. 8

Zulässig ist die Einreichung eines Verfahrenskostenhilfeantrages für ein beabsichtigtes Rechtsmittel. Ein solcher Antrag führt dazu, dass nach Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe das Rechtsmittel innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist eingelegt (nachgeholt) werden muss, wobei die gesetzlich vorgeschriebenen Formalien (Ort der Einlegung, Form, ggf. Begründung) zu wahren sind.

 

Rz. 9

 

Praxistipp:

Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde sind bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten werden soll (§ 64 Abs. 1 Satz 2 FamFG).

 

Rz. 10

Die weitere Möglichkeit besteht darin, das Rechtsmittel uneingeschränkt einzulegen und für das Verfahren Verfahrenskostenhilfe zu beantragen. Hierdurch fallen jedoch bereits die Kosten des Rechtsmittels an, die der Rechtsmittelführer im Falle der Verweigerung der VKH zu tragen hat.

[5] BGH FamRZ 2019, 1155.
[7] BGH FamRZ 2020, 1855.

2. Vorlage der Rechtsmittelbegründung

 

Rz. 11

BGH, Beschl. v. 28.11.2012 – XII ZB 235/09[8]

Zitat

a) Hat das Gericht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verworfen, weil er nicht innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO eingegangen ist, steht dies einem Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Wiedereinsetzungsfrist nicht entgegen, da bei Gewährung der Wiedereinsetzung in die versäumte Wiedereinsetzungsfrist dem Verwerfungsbeschluss die Grundlage entzogen würde (im Anschluss an den BGH. v. 9.2.2005 – XII ZB 225/04, FamRZ 2005, 791).

3. Erfolgsaussichten der Beschwerde

 

Rz. 12

Für die Entscheidung über Verfahrenskostenhilfe kommt es allein auf die Erfolgsaussicht in der Sache selbst an. Ein davon losgelöster möglicher Erfolg des konkret eingelegten Rechtsmittels ist demgegenüber unerheblich.[9]

[9] BGH, Beschl. v. 21.6.2017 – XII ZB 231/17; BGH v. 2.3.2017 – IX ZA 28/16; BGH v. 18.9.2014 – IX ZA 16/14, NZI 2014, 1048; BGH v. 14.12.1993 – VI ZR 235/92, NJW 1994, 1160.

a) Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe

aa) Vorzulegende Unterlagen

 

Rz. 13

BGH, Beschl. v. 28.11.2012 – XII ZB 235/09[10]

Zitat

b) Wenn eine mittellose Partei innerhalb der Rechtsmittelfrist lediglich einen vollständigen Prozesskostenhilfeantrag einreicht und diesem einen nicht unterzeichneten Entwurf des Rechtsmittels und der Rechtsmittelbegründung ihres Prozessbevollmächtigten beifügt, ist ihre Mittellosigkeit kausal für die versäumte Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfrist geworden. I...

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