Dr. Sebastian Hofert von Weiss
Rz. 352
Die typisch stille Gesellschaft kann als darlehensähnlich bezeichnet werden. Das HGB normiert für sie beschränkte gesetzliche Kontroll- und Informationsrechte, die durch vertragliche Vereinbarung jedoch angemessen erweitert werden können. Vereinbarungen mit dem Kapitalgeber zur Vergütung lassen sich einigermaßen flexibel treffen, wobei insgesamt die Grenze zur Mitunternehmerschaft nicht überschritten werden darf, wenn nicht eine atypisch stille Gesellschaft entstehen soll.
(a) Eigenkapitalfunktion
Rz. 353
Gem. § 232 Abs. 2 HGB nimmt der stille Gesellschafter einer typisch stillen Gesellschaft am Verlust der Gesellschaft nur bis zum Betrag seiner eingezahlten oder rückständigen Einlage teil. Zu Nachschüssen ist er also nicht verpflichtet. Auch muss er den bezogenen Gewinn nicht wegen späterer Verluste zurückzahlen. Im Insolvenzfall und in der Liquidation besteht ein schuldrechtlicher Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben bei Beendigung der stillen Gesellschaft. Damit gibt es keinerlei Privilegierung anderer Gesellschaftsgläubiger ggü. dem stillen Gesellschafter. Da genau dies jedoch Voraussetzung für die Schaffung von Kapital mit wirtschaftlich eigenkapitalähnlicher Funktion ist, scheidet die typisch stille Gesellschaft zu Zwecken der mezzaninen Finanzierung immer dann aus, wenn bilanzverbessernde Maßnahmen aus Sicht des zu finanzierenden Unternehmens notwendig sind.
(b) Bilanzierung
Rz. 354
Da bereits eine wirtschaftlich eigenkapitalähnliche Funktion nicht herbeigeführt werden kann, liegt es auf der Hand, dass die typisch stille Beteiligung in allen gängigen Rechnungslegungssystemen (HGB, IFRS und US-GAAP) als Fremdkapital auszuweisen ist.
(c) Vergütung
Rz. 355
Die Vergütungsabrede mit dem typisch stillen Gesellschafter muss gem. § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB zwingend eine gewinnabhängige Komponente aufweisen. Ein Ausschluss der Verlustbeteiligung ist hingegen gem. § 231 Abs. 2 Halbs. 1 HGB ohne weiteres möglich. Meist wird daher eine feste Verzinsung in Kombination mit einer gewinnabhängigen Komponente vereinbart. Möglich und üblich sind wiederum zusätzliche Kicker-Vereinbarungen.
Rz. 356
Zu beachten ist, dass durch bestimmte Gestaltungen der Vergütungsabrede ein Mitunternehmerrisiko des Kapitalgebers entstehen kann. Dies ist jedoch zu vermeiden, solange keine atypisch stille Gesellschaft entstehen soll. Erreicht werden kann dies i.d.R. durch den Ausschluss einer Beteiligung am Verlust oder aber auch durch den Ausschluss einer Beteiligung an den stillen Reserven.
Rz. 357
Auch bei einer stillen Gesellschaft mit einer AG führt die Vereinbarung einer gewinnabhängigen Vergütungskomponente zur Qualifizierung der Abrede als Teilgewinnabführungsvertrag i.S.d. § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG. Die bereits beim Nachrangdarlehen beschriebene Problematik besteht damit auch hier. Die Vereinbarung einer festen Verzinsung als gewinnunabhängige Mindestvergütung ist daher in Kombination mit einer gewinnabhängigen Vergütungskomponente wegen eines Verstoßes gegen § 301 AktG nicht möglich.
Hinweis
Zu beachten sind bei der Vereinbarung einer stillen Gesellschaft an einer AG zudem die Vorschriften für Unternehmensverträge gem. §§ 293 ff. AktG, also insb. das Erfordernis eines Hauptversammlungsbeschlusses (§ 293 AktG) und der Eintragung des Vertrages im Handelsregister (§ 294 AktG).
(d) Mitsprache
Rz. 358
Dem stillen Gesellschafter stehen gesetzlich normierte Kontroll- und Informationsrechte im begrenzten Umfang nach Maßgabe des § 233 HGB zu. Insb. ist er berechtigt, Einsicht in den Jahresabschluss und die Bücher der Gesellschaft zu nehmen.
§ 230 HGB spricht von einem "Handelsgewerbe, das ein anderer betreibt". Daraus ergibt sich, dass der stille Gesellschafter i.d.R. von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist. Zustimmungs- und ggf. Kündigungsrechte des stillen Gesellschafters können jedoch bei grundlegenden Änderungen wie z.B. bei Verschmelzungen des Geschäftsinhabers, Veräußerungen des Geschäftsbetriebes und ähnlichen Ereignissen gegeben sein.
Hinweis
Die Mitsprache- und Kontrollrechte des stillen Gesellschafters können grds. abweichend vereinbart werden. Dabei muss der beratende Anwalt jedoch beachten, dass eine zu starke Ausgestaltung der Mitsprache- und Kontrollrechte zu Mitunternehmerinitiative führen und damit den Übergang in eine andere Gestaltungsform, namentlich die atypisch stille Gesellschaft, auslösen kann. Auch hier gelten im Hinblick auf die Gestaltungsfreiheit die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Beschränkungen wie die Verbandssouveränität und die Vermeidung der insolvenzrechtlichen Anfechtung.