Dr. Sebastian Hofert von Weiss
Rz. 361
Die atypisch stille Gesellschaft bietet eine ausgesprochen große Bandbreite zwischen Fremd- und Eigenkapitalausrichtung. So eröffnet sie denn auch als einziges Mezzanines Finanzierungsinstrument neben dem Genussrecht, die Möglichkeit des echten handelsbilanziellen Eigenkapitalausweises, ohne jedoch gleichzeitig die Abzugsfähigkeit der Zinsaufwendungen als Betriebsausgabe zu bieten. In steuerlicher Hinsicht ist die atypisch stille Gesellschaft nämlich am ehesten mit der Beteiligung eines Kommanditisten an einer KG vergleichbar, sodass ein Abzug der Zinsaufwendungen als Betriebsausgabe nicht infrage kommt.
Üblicherweise ist eine wirtschaftliche Eigenkapitalfunktion bei der atypisch stillen Gesellschaft gegeben und abgesehen von Einschränkungen bei der AG aufgrund der Teilgewinnabführungsproblematik besteht ein insgesamt großer Gestaltungsspielraum, insb. bei der Vereinbarung von Vergütung und der Mitsprache- und Kontrollrechte für den Kapitalgeber. Diesen kann der beratende Anwalt nutzen, um auf die individuelle Situation des Mandanten zugeschnittene Lösungen zu entwickeln.
(a) Eigenkapitalfunktion
Rz. 362
Bei der atypisch stillen Gesellschaft lässt sich die wirtschaftliche Eigenkapitalfunktion dadurch erreichen, dass die Einlage des stillen Gesellschafters mit einem Nachrang ausgestattet wird. Gem. § 232 Abs. 2 HGB besteht grds. keine Nachschusspflicht und keine Verpflichtung zur Rückzahlung von empfangenen Gewinnen. Regelmäßig wird bei Mezzanine-Finanzierungen durch vertragliche Vereinbarung eine Beteiligung am Verlust nur im Fall der Insolvenz vorgesehen.
(b) Bilanzierung
Rz. 363
Ob die Einlage eines atypisch stillen Gesellschafters nach den Bilanzierungsvorschriften des HGB als Eigen- oder Fremdkapital zu qualifizieren ist, hängt vom wirtschaftlichen Gehalt der Einlage ab. Soll sie als Eigenkapital gelten, muss sie zunächst längerfristig überlassen worden sein, wobei die Längerfristigkeit in Anlehnung an die vom Hauptfachausschuss des Institutes der Wirtschaftsprüfer für Genussrechte entwickelten Grundsätze (s. Rdn 342 ff.) bestimmt wird. Die Einlage hat nachrangig zu sein und es muss eine Beteiligung am Gewinn und am Verlust vereinbart sein. Eine gewinnunabhängige Grundverzinsung ist auszuschließen. Liegen diese Voraussetzungen nicht sämtlich vor, kommt nur ein Ausweis im Fremdkapital infrage.
Rz. 364
Nach IFRS und US-GAAP ist ein Ausweis als Eigenkapital nur dann möglich, wenn der Kapitalgeber die Rückzahlung des Kapitals nicht verlangen kann. Eine atypisch stille Beteiligung wird insoweit also regelmäßig als Fremdkapital auszuweisen sein, weil es kaum gewollt sein dürfte, dass der Kapitalgeber auf seinen Rückforderungsanspruch verzichtet. Wie auch bei den Genussrechten kann aber die Bildung eines gesonderten Postens innerhalb des Fremdkapitals infrage kommen.
(c) Vergütung
Rz. 365
Mit Rücksicht auf § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB muss die Vergütungsabrede auch bei der atypisch stillen Gesellschaft eine gewinnabhängige Komponente aufweisen. Die Einzelheiten der gewinnabhängigen Vergütung sind dabei frei vereinbar. Die Vereinbarung eines festen Zinses oder einer Umsatzbeteiligung stellt keine Gewinnbeteiligung i.S.d. § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB dar. Soll eine atypisch stille Gesellschaft strukturiert werden, können beide Elemente daher nur in Kombination mit anderen Vergütungskomponenten vereinbart werden, die Gewinnabhängigkeit aufweisen. Oft wird deswegen eine feste Verzinsung neben einer gewinnabhängigen Komponente vereinbart. Dann ist allerdings keine Bilanzierung im Eigenkapital mehr möglich. Möglich und üblich ist zudem die gesonderte Vereinbarung von Kicker-Komponenten.
Rz. 366
Bei der atypisch stillen Gesellschaft mit einer AG kann keine gewinnunabhängige Mindestvergütung (z.B. Festzins) vereinbart werden, weil die bei der atypisch stillen Gesellschaft zwingend zu vereinbarende gewinnabhängige Vergütungskomponente auch die Qualifizierung der Abrede als Teilgewinnabführungsvertrag i.S.d. § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG nach sich zieht. Insofern steht der Vereinbarung einer festen, gewinnunabhängigen Vergütung § 301 AktG entgegen. Auch hier gelten die Vorschriften der §§ 292 ff. AktG.
Rz. 367
Auch bei der atypisch stillen Gesellschaft kann die Verlustbeteiligung gem. § 231 Abs. 2 HGB ausgeschlossen werden.
(d) Mitsprache
Rz. 368
Der Einsatz der atypisch stillen Gesellschaft als mezzanines Finanzierungsinstrument der Wahl bedeutet eine bewusste Entscheidung für eine Mitunternehmerschaft und gegen eine steuerliche Abzugsfähigkeit der Zinsaufwendungen als Betriebsausgabe. Als Ausgleich eröffnet sich in Bezug auf Mitsprache- und Kontrollrechte ein ausgesprochen weiter Gestaltungsspielraum. Die weitgehenden Mitspracherechte führen allerdings auch hier bei den Kapitalgesellschaften und ähnlichen Gese...