Dr. Sebastian Hofert von Weiss
Rz. 109
Eine bedingte Kapitalerhöhung (§§ 192–201 AktG) ist im Vergleich zu der ordentlichen Kapitalerhöhung einfacher vorzunehmen. Sie dient besonderen, in § 192 Abs. 2 AktG abschließend aufgeführten Zwecken:
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Gewährung von Umtausch- oder Bezugsrechten auf Aktien bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, |
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Vorbereitung von Unternehmenszusammenschlüssen, |
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Schaffung von Aktienoptionen und Arbeitnehmeraktien. |
Die Kapitalerhöhung steht unter der Bedingung, dass sie nur insoweit durchgeführt wird, als von den eingeräumten Bezugs- und Umtauschrechten Gebrauch gemacht wird. Ob und wann diese Rechte ausgeübt werden, ist nicht festgelegt. Besondere praktische Bedeutung kommt der bedingten Kapitalerhöhung zu als Bedingung von Wandel- und Optionsanleihen und Genussrechten, bei der Bereitstellung von Aktien als Abfindung bei Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen sowie für Aktienoptionsprogramme.
Rz. 110
Die bedingte Kapitalerhöhung ist – anders als die ordentliche Kapitalerhöhung – bereits vor vollständiger Einzahlung der bisherigen Einlagen zulässig. Zu den weiteren Voraussetzungen:
Ob die Erforderlichkeit und Angemessenheit im Interesse der Gesellschaft Voraussetzung der bedingten Kapitalerhöhung ist, darüber besteht Uneinigkeit. Die Rspr. hat eine Anwendung dieses Grundsatzes erwogen, da bei der bedingten Kapitalerhöhung ein gesetzliches Bezugsrecht nicht besteht, ein Eingriff in die Position der Minderheit aber ggf. einer besonderen Rechtfertigung bedarf.
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Der Nennbetrag des bedingten Kapitals darf höchstens die Hälfte des Grundkapitals betragen (§ 192 Abs. 3 Satz 1, 1. Alt. AktG), der Nennbetrag eines bedingten Kapitals nach § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG höchstens 10 % des Grundkapitals (§ 192 Abs. 3 Satz 1, 2. Alt. AktG). |
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Die bedingte Kapitalerhöhung ist eine Satzungsänderung und bedarf einer Dreiviertelmehrheit des bei der Beschlussfassung der Hauptversammlung vertretenen Grundkapitals (§ 193 Abs. 1 Satz 1 AktG). Der Beschluss muss folgende Angaben enthalten (§ 193 Abs. 2 AktG): den Zweck der bedingten Kapitalerhöhung, den Kreis der Bezugsberechtigten und den Ausgabebetrag oder die Grundlagen für dessen Berechnung. Bei Beschlüssen nach § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG muss zudem die Aufteilung der Bezugsrechte auf die Mitglieder der Geschäftsführungen und Arbeitnehmer genannt werden. |
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Der Vorstand und der Vorsitzende des Aufsichtsrates haben den Beschluss über die bedingte Kapitalerhöhung zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (§ 195 Abs. 1 AktG). |
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Das Registergericht prüft, ob die gesetzlichen und satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Kapitalerhöhung erfüllt sind. Ist dies der Fall, wird der Kapitalerhöhungsbeschluss eingetragen, |
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Bisherige Aktionäre haben kein gesetzliches Bezugsrecht. Wer bezugsberechtigt sein soll, ergibt sich aus dem im Kapitalerhöhungsbeschluss festgesetzten Zweck. Die Bezugsrechte werden durch Vereinbarung zwischen dem Bezugsberechtigten und der Gesellschaft begründet. Ein Bezugsrecht kann frühestens jedoch mit Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses entstehen (§ 197 Satz 2 AktG). |
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Die Ausgabe der Aktien kann frühestens nach der Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses in das Handelsregister erfolgen (§ 197 Satz 1 AktG). Vorher ausgegebene Aktien sind nichtig (§ 197 Satz 3 AktG). Die Aktienausgabe darf nicht ohne ordnungsgemäße Bezugserklärung erfolgen. Die Gesellschaft darf die Bezugsaktien nur zu dem im Kapitalerhöhungsbeschluss aufgeführten Zweck ausgeben (§ 199 Abs. 1 AktG). Der Bezugsberechtigte muss vor der Ausgabe an ihn die volle Leistung des Gegenwertes erbringen (§ 199 Abs. 1 AktG). |
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Mit Ausgabe der Bezugsaktien wird die Kapitalerhöhung wirksam (§ 200 AktG). |
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Nach Ablauf des Geschäftsjahres ist durch den Vorstand innerhalb eines Monats beim Handelsregister anzumelden, in welchem Umfang im abgelaufenen Geschäftsjahr Bezugsaktien ausgegeben worden sind (§ 201 Abs. 1 AktG). Das Handelsregistergericht macht die Eintragung in elektronischer Form (§ 10 HGB). |
Zu bilanzieren ist das bedingte Kapital mit seinem Nennbetrag beim gezeichneten Kapital (Grundkapital, § 152 Abs. 1 Satz 1 AktG).