Dr. Sebastian Hofert von Weiss
Rz. 153
Langfristige Darlehen dienen i.d.R. zur Finanzierung von Investitionen, also der Anschaffung langfristig zu haltender Vermögensgegenstände des Anlagevermögens. Da die Finanzierungskosten langfristiger Finanzierungsmittel im Verhältnis zu kurzfristigen Finanzierungsmitteln (s. Rdn 192 ff.) – relativ gesehen – regelmäßig geringer sind, können langfristige Darlehen jedoch auch dazu eingesetzt werden, Gegenstände des Umlaufvermögens, wie die Beschaffung von Vorräten, zu finanzieren, wenn diese z.B. langfristig vorfinanziert werden müssen. Die Finanzierung durch Darlehen stellt eine Fremdfinanzierung und – ebenso wie die Einlagen- bzw. Beteiligungsfinanzierung – eine Form der Außenfinanzierung dar. Dem Unternehmen wird von außen Fremdkapital für eine bestimmte Zeit überlassen.
Rz. 154
Für Gelddarlehen gelten die Vorschriften der §§ 488 ff. BGB. Der seltene Fall des Sachdarlehens ist dagegen in §§ 607 ff. BGB geregelt. Gem. § 488 Abs. 1 Satz 1 BGB wird der Darlehensgeber durch den Darlehensvertrag verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist danach verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuerstatten (§ 488 Abs. 1 Satz 2 BGB). Der Darlehensvertrag ist somit als Verpflichtungsvertrag und nicht als Realvertrag anzusehen. Für Unternehmerdarlehen gelten allein die §§ 488–490 BGB. Die Vorschriften zum Verbraucherdarlehen nach §§ 491–498 BGB finden unter Unternehmern hingegen keine Anwendung.
Rz. 155
Für die Vergabe langfristiger Darlehen an Unternehmen kommen (Hypotheken-)Banken und Sparkassen, Kreditinstitute mit Sonderaufgaben, Kapitalsammelstellen aber auch Privatpersonen in Betracht:
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Zur Unterstützung der Finanzierung von (insb.) mittelständischen Unternehmen bedient sich die öffentliche Hand sog. Kreditinstitute mit Sonderaufgaben. In Zeiten geringer Bereitschaft der Geschäftsbanken bei der Kreditvergabe fördern diese langfristig ausgewählte Wirtschaftsbereiche. Beispiele für solche Kreditinstitute sind etwa die Ausfuhrkreditgesellschaft mbH, die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die KfW-Bankengruppe, die Liquiditäts-Konsortialbank GmbH und die Landwirtschaftliche Rentenbank. Im Rahmen von Exportgeschäften spielen – insb. in wirtschaftlich schwierigen Zeiten – auch Ausfuhrgewährleistungen des Bundes, mandatarisch verwaltet durch die Euler Hermes AG, eine wichtige Rolle. Dabei werden die (zu deckenden) Darlehen regelmäßig nicht direkt von diesen Instituten ausgegeben, sondern von der jeweiligen (Haus-)Bank des Unternehmens, mit der das Institut als Refinanzier bzw. Versicherer zusammenarbeitet. |
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Als Finanzierung durch eine Kapitalsammelstelle kommen v.a. Versicherungen in Betracht, die eine wichtige Käuferklasse von Schuldscheindarlehen darstellen. Allerdings müssen sich deren Anlageentscheidungen nach den §§ 124 ff. des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) richten. Die kleinen Versicherungsunternehmen (i.S.d. §§ 212–217 VAG) sowie inländische Pensionskassen und Pensionsfonds haben zudem das Rundschreiben 11/2017 (VA) "Hinweise zur Anlage des Sicherungsvermögens von Erstversicherungsunternehmen, auf welche die Vorschriften für kleine Versicherungsunternehmen (§§ 212–217 VAG) Anwendung finden, sowie von inländischen Pensionskassen und Pensionsfonds" der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ("BaFin") zu beachten. Diese rigiden Anforderungen führen dazu, dass nur eine geringe Anzahl von Unternehmern als "schuldscheinfähig" gelten. |
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Darlehen von Privatpersonen sind häufig Gesellschafterdarlehen. Bei der GmbH dienen sie vor allem als Eigenkapitalersatz, d.h. sie werden anstelle der eigentlich gebotenen Eigenmittel der GmbH zugeführt. Dieser Form der Finanzierung kommt eine hohe Bedeutung zu, denn sie ist schnell, unkompliziert und publizitätsfrei zu handhaben. Zugleich kann sie jedoch eine Gläubigergefährdung darstellen, insb. dann, wenn der das Darlehen gewährende Gesellschafter im Insolvenzfall insoweit zum konkurrierenden Insolvenzgläubiger wird. Um dies zu vermeiden sieht die InsO in § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO die grds. Nachrangigkeit dieser Gesellschafterdarlehen vor; bereits erbrachte Leistungen auf Gesellschafterdarlehen sind gem. § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar. Zu betonen ist, dass diese insolvenzrechtlichen Folgen unabhängig vom Zeitpunkt der Darlehensgewährung (Krise) eingreifen. Eine unerwünschte Schwierigkeit kann sich im Fall einer Krise des Unternehmens auch im Rahmen einer beabsichtigten Sanierung ergeben. Bei der Umwandlung von Gesellschafterdarlehen in Eigenkapital der Gesellschaft (Debt Equity Swap; vgl. Rdn 82) zur Abwendung einer bilanziellen Überschuldung ergibt sich aus steuerlicher Sicht nämlich regelmäßig ein Sanierungsgewinn. Entsteht hierdurch eine Steuerbelastung, dürfte sich die Maßnahme in den meisten Fällen eher krisenverschärfend als sanierend auswirken. Dies ist bei der Finanzierung durch Gesellschafterda... |